Möglicherweise war der 24-prozentige Kurseinbruch fĂŒr mutige Aktienanleger die Einstiegschance des Jahres. Aber die Bank hat den Anlegern in den letzten Jahren schon so viele EnttĂ€uschungen beschert, dass nicht mehr die prĂ€sentierten Bilanzzahlen, sondern das Vertrauen massgebend ist. Und dieses ist mehr als angeschlagen.

Wenn man die Bank aufgrund des GeschÀftsberichtes 2022 begutachtet, dann stellt man fest, dass sie innert Jahresfrist weiter geschrumpft ist. Es sind nicht nur die von ihr betreuten Vermögenswerte, die um fast 20 Prozent auf noch 1294 Milliarden Franken abgenommen haben, auch wenn davon etwa die HÀlfte der letztjÀhrigen schlechten Entwicklung an den FinanzmÀrkten zuzuschreiben ist.

Auch die Bilanzsumme ist auf nur noch 531 Milliarden Franken zurĂŒckgebaut worden, wobei das Kreditbuch auf der Aktivseite 264 Milliarden bzw. rund die HĂ€lfte ausmacht.

90 Prozent der Kredite sind mit Sicherheiten unterlegt, 60 Prozent davon sind Inlandkredite. Die mögliche Finanzspritze der SNB wĂŒrde somit rund 10 Prozent der Bilanzsumme entsprechen. Noch im zweiten Quartal 2007, als die Finanzkrise ausbrach, stellte sich die CS-Bilanz auf 1415 Milliarden Franken, die Eigenmittel auf 43,8 Milliarden.

Auch die CS hĂ€lt in ihrer Bilanz Wertschriften in Höhe von ĂŒber 60 Milliarden Franken. Solche sind bekanntlich der amerikanischen Silicon Valley Bank zum VerhĂ€ngnis geworden, denn diese wurde infolge von RĂŒckzĂŒgen von Kundeneinlagen zu verlustreichen VerkĂ€ufen gezwungen. Zum Vergleich: Die amerikanische SVB verfĂŒgte Ende 2022 noch ĂŒber Eigenmittel von 16 Milliarden Franken, Wertschriften von ĂŒber 120 Milliarden und ein Kreditportfolio mit vielen riskanten Finanzierungen von Start-ups aus dem Silicon Valley.

Ende 2022 wies die CS Eigenmittel von 45,1 Milliarden Franken (greifbare Eigenmittel: 41,7 Milliarden) aus. Darin enthalten sind auch die noch im Dezember 2022 mit einer Kapitalerhöhung hereingeholten 2,24 Milliarden zusĂ€tzliche Gelder. Die Eigenmittel sind somit praktisch gleich hoch wie anlĂ€sslich der Finanzkrise von 2008, aber die Bilanzsumme ist nur noch rund ein Drittel so hoch. Da mĂŒsste man meinen, dass die Bank heute viel besser kapitalisiert sei. Aber vielen Anlegern fehlt dennoch der Glaube. Pro Aktie entspricht dieses Eigenkapital theoretisch 10.60 Franken.

Der Börsenwert der Credit Suisse betrug Ende 2022 noch 11 Milliarden bei einem Jahresendkurs von 2.764 Franken. Heute ist die Credit Suisse mit einem Börsenkurs von 1.697 Franken noch 6,7 Milliarden wert, die UBS 52,9 Milliarden. Die Credit Suisse weist damit die geringste Börsenkapitalisierung aller 30 SMI-Titel auf.

Auch die Anleihen der Credit Suisse haben deutliche Kurseinbussen erlitten. Gelingt es der CS, diese zu den heutigen Spottpreisen zurĂŒckzukaufen, dann resultieren sogar Gewinne. Dies ist wohl auch der Grund, warum die CS solche RĂŒckkĂ€ufe von Schuldtiteln im Umfang von 3 Milliarden Franken angekĂŒndigt hat.

Nicht die Bilanz scheint derzeit das Hauptproblem der Credit Suisse zu sein, sondern der Vertrauensverlust, der zu noch mehr AbflĂŒssen von Kundengeldern und LiquiditĂ€tsengpĂ€ssen fĂŒhren könnte.

Das einzig Gute an der derzeitigen Panik im Finanzsektor ist wohl ein Marschhalt bei den Leitzinserhöhungen. Aber selbst dies ist kein echter Grund zur Freude, denn die Zinsnormalisierung war nötig, um die Inflation wieder in den Griff zu bekommen und die Fehlanreize der Nullzinspolitik endlich zu beenden.

Die 3 Top-Kommentare zu "Ein Hauch von Finanzkrise: Wie dramatisch ist der Kurssturz der Credit-Suisse-Aktie wirklich?"
  • HJM

    Der Vertrauensverlust der CS geht in etwa Hand in Hand mit dem Kursverlust der ehemals bĂŒrgerlichen Partei FDP. Das schweizer Volk mag es nicht wenn eine elitĂ€re Yupi Gruppe vorwiegend „Manager“ althergebrachte solide Traditionsunternehmen „modernisieren“, also sie zum Selbstbedienungsladen umwandeln. Das Gleiche auf anderer Ebene geschieht in der Politik wo Verantwortung eine unbekannte Grösse ist. Links-GrĂŒner Gleichschritt mit der Flagge zur Weltrettung ist die neue Religion. Tradition niet.

  • mirkan

    Bankrott sind sie die Kracherten.In Schweden droht sogar ein Ausfall der Renten.Bulgarien hat einen Staatsbankrott.... soviel zu Thema goldener Westen...

  • mouton 2.0

    Vor 50 Jahren war ein MillionĂ€r noch etwas Besonderes. Wer heute ein Haus baut, legt eine halbe Million dafĂŒr hin - jeder einfache Angestellte ist heute schon ein HalbmillionĂ€r - mindestens nach Schulden. Wer etwas von sich hĂ€lt ist MilliardĂ€r. Wer noch mehr von sich hĂ€lt ist BillionĂ€r - mindestens nach Schulden. Sind unsere Wertschöpfung, unsere Intelligenz unser Fleiss, unsere Arbeit ...in 50 Jahren um das Millionenfache gestiegen?! Was steckt hinter allen Nullen? NULLEN?