Eine Behörde läuft aus dem Ruder. Thomas Haldenwang, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, macht seit geraumer Zeit keinen Hehl mehr daraus, dass er sein Amt immer mehr zu einer Agentur der Meinungsverfolgung umbauen will.

Jüngster Höhepunkt ist ein Auftritt Haldenwangs im ZDF-«Heute-Journal». O-Ton Haldenwang: «Wir sehen in der AfD tatsächlich starke Strömungen, die verfassungsfeindlich agieren. Und da geht es insbesondere um Hass und Hetze gegenüber Minderheiten aller Art, Migranten, Muslime, aber auch Menschen mit anderer sexueller Orientierung.»

Man muss solche Tendenzen nicht sympathisch finden, aber es war und ist ausdrücklich nicht die Aufgabe des Verfassungsschutzes, missliebige Meinungen zu verfolgen. Der Verfassungsschutz wurde nach den Erfahrungen der NS-Zeit ausdrücklich nur dazu autorisiert, Gruppierungen zu beobachten, die «aggressiv-kämpferisch» die freiheitliche Grundordnung bedrohen. Wehrsportgruppen, Systemgegner von rechts und links … – immer mit der Massgabe, dass es um die Art des Kampfes gehe, nicht um die inhaltlichen Gründe.

Eine Meinungspolizei war dezidiert nicht gewollt.

Diese Auftragsbegrenzung wirft Haldenwang offen über Bord und begibt sich gänzlich ohne Mandat auf politische Mission: «Umso wichtiger ist es, dass wir über diese Partei und ihre Bestrebungen eben aufklären, über das, was die Gefahr dieser Partei für unsere Demokratie, für unsere freiheitliche Grundordnung ausmacht.» Und: «Aber wir können die Bevölkerung wachrütteln, wir können Politiker wachrütteln.»

Um es klar zu sagen: Es ist nicht die Aufgabe des Verfassungsschutzes, Bürger oder Politik oder sonst wen «wachzurütteln». Im jüngsten Verfassungsschutzbericht findet sich sogar eine Wendung über «Agitation gegen staatliche Klimaschutz-Massnahmen», die zum «Delegitimierungsspektrum» der Querdenken-Bewegung gehörten.

Das Irre ist, dass offenbar niemandem diese Entgrenzung des Inlandsdienstes auffällt und niemand Alarm schlägt oder den Behördenchef in die Schranken weist. Gegen rechts – oder was man dafür hält – sind offenbar alle Mittel recht.

Ralf Schuler ist Politikchef des Nachrichtenportals NIUS und betreibt den Interview-Kanal «Schuler! Fragen, was ist». Sein Buch «Generation Gleichschritt. Wie das Mitlaufen zum Volkssport wurde» ist bei Fontis (Basel) erschienen. Sein neues Buch «Der Siegeszug der Populisten. Warum die etablierten Parteien die Bürger verloren haben. Analyse eines Demokratieversagens» erscheint im Herbst und kann schon jetzt vorbestellt werden.