265 Seiten dick ist die Klageschrift. Im Dezember 2022 wurde sie beim Handelsgericht Zürich eingereicht.
In dem Dokument beschuldigt die Credit Suisse Lukas Hässig, den Herausgeber des Finanzblogs Inside Paradeplatz (IP), der Persönlichkeitsverletzung. Diese sei durch rund fünfzig Artikel beziehungsweise Leserkommentare bei diesen Beiträgen entstanden.
Tatsächlich stellte IP die CS im letzten Jahr nicht gerade in ein gutes Licht. Allerdings stets in konkretem Zusammenhang. Denn der Aktienkurs fiel wirklich, Kunden wanderten ab, ebenso Kaderleute. Das Portal berichtete nur über das, was geschah.
Bei der Credit Suisse war man dennoch beleidigt. Die Bank forderte die Löschung gewisser Passagen in den Texten sowie bestimmter Leserkommentare.
Doch mehr als das: Inside Paradeplatz sei zu verpflichten, den durch die Beiträge erzielten Gewinn plus 5 Prozent Zins an die CS zu bezahlen.
Wie viel Geld IP mit den Blogbeiträgen verdient hat, ist nicht klar. Es deckt aber mit Sicherheit nicht einmal ansatzweise, was die Ausarbeitung der Klageschrift gekostet hat.
Um Geld ging es der Bank also nicht. Sondern darum, einen unbequemen Journalisten zum Schweigen zu bringen.
Was auffällt: Beanstandet wurden nur Beiträge, die ab dem Tag erschienen, an dem der neue CEO Ulrich Körner sein Amt antrat. Offenbar war er dünnhäutiger als seine Vorgänger.
Mit seiner Einschätzung der Lage der CS scheint Inside Paradeplatz richtig gelegen zu sein. Da die Absenderin der Klage faktisch verschwunden ist, droht dem Finanzblog kaum mehr Gefahr.
Was bleibt, ist die Frage, warum die Grossbank Zeit in solche Grabenkämpfe investierte, statt sich ums Geschäft zu kümmern.
Das sind sich die korrupten Grossbanker halt nicht gewohnt, dass Kritik an ihrem miesen Verhalten nicht zensiert wird. Sonst hat der Staat Schweiz lange und erfolgreich alles mögliche zensiert (viele Betreiber von Webforen haben in den 2000er Jahren ihre "Off-Topic/Politik"-Ecken schliessen oder massiv moderieren müssen nach Drohungen von Behörden - nicht nur wegen Banken..)
Na klar, die Banker und andere Eliten wünschen sich einen weichgespülten und positiv berichtenden Journalismus. Das Modell der wie die CS untergegangenen DDR spukt dort wohl in manch einem Hinterkopf als beispielhaft herum.
Bekanntermassen gibt es allerdings für eine Bank nichts Dümmeres, als einen Prozess wegen angeblicher negativer Berichterstattung anzustrengen, wo sie dann wochenlang in den Schlagzeilen ist, was in Wirklichkeit oft weit imageschädigender ist, als die Berichte selbst. Denn erstens werden noch viele Leute darauf aufmerksam und zweitens mögen viele keine Bank, die dauernd im Gerede ist. Und oft kommen dann noch weitere unangenehme Dinge ans Tageslicht.