Die Eidgenössischen Räte haben in der Wintersession 2024 die Abschaffung des Eigenmietwertes beschlossen. Was bedeutet dies? Wer in der Schweiz ein Eigenheim bewohnt, bezahlt dafür nicht nur Vermögenssteuern. Die Steuerbehörden addieren zum steuerbaren Erwerbseinkommen einen fiktiven Ertrag dazu, als ob die selbstbewohnte Wohnung einen Ertrag abwerfen würde. Dafür konnten bisher die Hypothekarzins- und Unterhaltskosten steuerlich in Abzug gebracht werden. Auf dem Nettobetrag, Eigenmietwert minus Aufwendungen, müssen Einkommenssteuern bezahlt werden. Wer sein Eigenheim vollständig abbezahlt hat, kann logischerweise keine Zinserträge geltend machen. Da den Eigenheimbesitzern aber effektiv keine Erträge zufliessen, müssen sie diese Steuern aus ihren übrigen Einkommen, oft bescheidene Renteneinkommen, bezahlen. Die Höhe dieses fiktiven Einkommens wird teils willkürlich festgelegt, denn eine Wohnung in Zürich kann ein Mehrfaches an Steuern auslösen wie eine identische Wohnung im Jura. Noch ist diese Vorlage nicht unter Dach und Fach, weil ein Referendum der links-grünen Neidpolitiker droht.

Gemäss der Gebäudestatistik 2023 gehören 67 Prozent der Gebäude Privatpersonen, weitere 12 Prozent juristischen Personen, 14 Prozent Gemeinschaften und 7 Prozent gemischten oder unbekannten Besitzern. Insgesamt verfügt die Schweiz über 4,9 Millionen Wohnungen. 1,4 Millionen Haushalte, die 36 Prozent aller Privathaushalte in der Schweiz entsprechen, leben in ihren eigenen Wohnungen, davon mehr als die Hälfte in Einfamilienhäusern. Rund 45 Prozent der Mietwohnungen befanden sich 2023 im Besitz von Privatpersonen. Wohnungen mit Baujahr vor 1946 gehörten in zwei Drittel aller Fälle Privatpersonen. Bei Wohnungen, die nach 2000 gebaut wurden, betrug dieser Anteil lediglich noch ein Drittel. Die Privaten verabschieden sich mehr und mehr vom Wohnungsbau, weil die administrativen Umtriebe, die Kosten und Markteingriffe der Politik abschrecken.

Die fiktiven Eigenmietwert-Einkommen führen bei älteren Leuten, die nach traditioneller Schweizer Manier ihr Eigenheim abbezahlt haben, um im Alter nicht dem Staat zur Last zu fallen, zu oft untragbaren Steuerbelastungen, vor allem wenn sie sonst nur über geringe AHV- und Renteneinkommen verfügen. Geringverdienende Rentner können ihre Hypotheken zudem selten erhöhen, um Bargeld für die Begleichung der Steuern zu beschaffen. Die Banken verweigern solche Aufstockungen meistens wegen der sogenannten Tragbarkeits-Regel. Die Zinsbelastung darf einen bestimmten Anteil am Einkommen nicht übersteigen. Solche betagten Eigenheimbesitzer sind deshalb häufig gezwungen, ihre jahrzehntelang bewohnten Eigenheime zu verkaufen. Das ist den Links-Grünen egal, Hauptsache, der Privatbesitz wird geschädigt.

Das Eigenmietwertsystem dürfte auch mit ein Grund für die 2023 mit nur 42,6 Prozent europaweit tiefste Eigenheimquote der Schweiz sein. In den meisten europäischen Ländern liegt sie über 70 Prozent, in den USA bei 68 Prozent. Für viele junge Familien sind nicht nur die Grundstücks- und Baupreise eine hohe Hürde. Sie schrecken von einem eigenen Heim auch deshalb zurück, weil sie nebst den Zinskosten schon gleich nach dem Erwerb eines Eigenheims eine wesentlich höhere Steuerbelastung verkraften müssen.

Dieses Steuersystem ist seit langem umstritten, auch deshalb, weil Genossenschafter einer Wohnbaugenossenschaft letztlich Besitzer ihrer selbstbewohnten Wohnungen sind und darauf keine Eigenmietwert-Steuern bezahlen. Zudem garantiert der Bund zum Nulltarif Anleihen von Wohnbaugenossenschaften. Viele Mieter belegen kommunale Wohnungen zu nicht marktkonformen Preisen, Rabatte, die eigentlich als geldwerte Begünstigungen ebenfalls zu versteuern wären. Sollte die Eigenmietwert-Abschaffung an der Urne erneut abgelehnt werden, müsste man den Steuerstatus der bisher steuerbefreiten Wohnbaugenossenschafter genauer unter die Lupe nehmen.

Das Eigenmietwert-System führte dazu, dass die Schweizer Banken, vor allem Kantonal- und Regionalbanken, ihre Bilanz mit Hypothekarkrediten vollstopften. Diese machen heute meistens über 60 Prozent der Aktiven aus. Gleichzeitig unterhalten die Hypothekarschuldner Milliarden an Sparguthaben bei diesen Instituten, oder sie investieren ihre freien Mittel am Kapitalmarkt. Mit diesem Vorgehen optimieren sie ihre steuerliche Belastung. Je nach Höhe des Zinsniveaus profitiert der Fiskus oder der Hausbesitzer.

Um die Klumpenrisiken der Schweizer Banken im heimischen Immobilienmarkt zu reduzieren, wäre ein Rückbau der Bank-Bilanzen willkommen, denn die Schweizer Bevölkerung steht bei der privaten Verschuldung wohl an der Weltspitze. Allein die Hypothekarschulden pro vierköpfige Familie machen hierzulande rund 530.000 Franken aus. Allerdings handelt es sich um Bruttoschulden. Zieht man davon die finanziellen Guthaben ab, dann sieht die Lage weit weniger dramatisch aus.

Man weiss zwar nicht, für wie viele der Ende September 2024 ausstehenden 1195 Milliarden Franken Hypotheken mit den vorhandenen Kundeneinlagen von 1887 Milliarden bei einer Abschaffung des Eigenmietwertes amortisiert würden, zumal viele davon auf einige Jahre zinsgebunden sind. Aber die Banken müssen mit Ertragseinbussen rechnen. Sie werden wohl nicht nur Zinserträge, sondern auch verwaltete Vermögen verlieren, und es verbleiben ihnen viele schwächere Kreditkunden, die ihre Hypotheken nicht reduzieren können. Aber der Hauptteil der Hypothekarbestände wird dank Tilgungen von Hypotheken eine qualitative Aufwertung erfahren, weil die Belehnungshöhe der Pfandobjekte sinkt.

Die Nettozinserträge der Banken im Inland stellten sich 2023 auf 22 Milliarden (32 Prozent des gesamten Bruttoertrages von 70 Milliarden. Dazu kamen 21 Milliarden (31 Prozent) aus dem Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft, 11 Milliarden (16 Prozent) aus dem Handelsgeschäft und 15 Milliarden (22 Prozent) aus übrigen Quellen. Der Geschäftserfolg (ohne UBS-Sondergewinn aus CS-Deal) stellte sich auf 11 Milliarden und die bezahlten Steuern auf 3,2 Milliarden.