Der St. Galler Ständerat Paul Rechsteiner tritt am Ende der kommenden Wintersession zurück. Das kündigte er in einem Interview mit dem St. Galler Tagblatt an.
Der SP-Politiker sass von 1986 bis 2022 ununterbrochen im eidgenössischen Parlament. Die ersten 25 Jahre als Nationalrat, die letzten 11 Jahre als Ständerat.
Rechsteiner präsidierte ausserdem zwischen 1998 und 2018 den Schweizerischen Gewerkschaftsbund.
Als Anwalt engagierte er sich für die Rehabilitierung von Polizeihauptmann Paul Grüninger, der während des Zweiten Weltkriegs mehrere Hundert jüdische Flüchtlinge vor der nationalsozialistischen Verfolgung gerettet hatte.
Er hat es also weit gebracht, der Sohn eines Hilfsarbeiters und einer Putzfrau. Seine Herkunft sei der Treibstoff gewesen, etwas verändern zu wollen, vertraute er vor Jahren der Zeitung Der Bund an.
Natürlich werden jetzt vor allem seine Meriten als Kompromiss-Schmied bei vielen sozialpolitischen und arbeitsrechtlichen Vorlagen erwähnt. Er wusste wie fast kein anderer im Parlament über das Funktionieren der Sozialwerke Bescheid. Das macht ihn bei den politischen Gegnern glaubwürdig.
Aber manchmal wollte er eben auch einen Kompromiss zu viel, zum Beispiel bei der grossen Rentenreform «Altersvorsorge 2020». Der Zuschlag von 70 Franken monatlich für Neurentner, von Rechsteiner eingebracht, brachte vor fünf Jahren die ohnehin schon überladene Vorlage an der Urne zum Absturz.
Rechsteiner gehörte aber auch zu jenen linken Kreisen, welche die Schweizer Staatsbürgerschaft an hier geborene Ausländer verschenken wollen.
Der St. Galler war auch nicht unbedingt Sympathieträger, er galt fast als unnahbar, meistens lief er in den Wandelhallen in Bern mit einem Gesicht herum, als hätte er eben in eine Zitrone gebissen. Entsprechend trocken und technisch hörten sich auch seine Reden zum Tag der Arbeit an.
In Bern fiel er aber auch dadurch auf, dass er meistens schwarz gekleidet herumlief und Sakkos trug, die meistens ein paar Nummern zu gross waren.
Nun zieht er sich mit 70 Jahren aus der Bundespolitik zurück. Es wurde auch langsam Zeit.
Es gibt Linke, welche mit ihren Anliegen oder wenigstens ihren Auftritten sogar bei mir gelegentlich Sympathie oder Verständnis wecken, manchmal sogar etwas Intelligentes anstossen oder sagen. Dass Herr Rechsteiner jetzt gehen will, ist sein erstes mir erinnerbares Anliegen, das ich widerspruchslos dulden werde. Leider ist nicht zu erwarten, dass da Besseres nachkommen wird.
Bei allem Respekt, aber Rechsteiner war und ist der linkste Linke aller Zeiten. Seinen Erfolg hat er nicht zuletzt seinem Äusseren zu verdanken, welches gerade bei Wählerinnen stets ein Kriterium ist. Allerdings ist er intelligenter als Darbellay und Berset, welche ihre Affären im und ums Bundeshaus nicht verstecken konnten. Bin froh, dass er endlich Platz macht und mein Kanton St. Gallen wieder bürgerlich vertreten sein wird.
Guter Entscheid. Leider 36 Jahre zu spät.