German Angst galt lange Zeit als die typische Eigenschaft der Nachkriegsdeutschen.

Der Deutsche, er hatte Angst vor saurem Regen, vor Atomkraft, vor dem Waldsterben und dem Atomkrieg.
Aus und vorbei. German Angst, das war einmal.

Seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine gibt man sich zwischen Breisgau und Mecklenburg wieder markig und zu allem entschlossen. Es herrscht German Übermut statt German Angst.

Jüngstes Beispiel für dieses neue deutsche Heldentum ist der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz Christoph Heusgen: In einem Interview mit der Rheinischen Post gab er zu Protokoll, dass er Ängste vor einer Eskalation in der Ukraine für unbegründet hält. Das Zögern von Bundeskanzler Scholz in der Panzerfrage sei ein Fehler gewesen. Befürchtungen vor einem Einsatz von Atomwaffen sieht er als unbegründet. Deutschland müsse in Europa eine Führungsrolle übernehmen.

Interessant ist, dass die neuen deutschen Bellizisten unter Führung immer nur eines verstehen: Waffen, mehr Waffen und noch mehr Waffen. Dass man auch eine diplomatische Führungsrolle übernehmen könnte, eine Führungsrolle der Verständigung, eine Führungsrolle des Ausgleichs und Gesprächs, darauf kommt man schon gar nicht mehr.

Verfolgt man die deutschen Debatten, fühlt man sich an einen Neurotiker erinnert, der seine Zwangsstörungen durch Überkompensation zu überwinden sucht.
Die German Angst war vielleicht manchmal etwas albern und übertrieben. Was wirklich Sorgen machen muss, ist jedoch der German Übermut.

Er ist gefährlicher, als die German Angst es je werden konnte.