An der Medienkonferenz des Bundesrates vom 19. März 2023 konnte man erfahren, dass der Bundesrat schon am 15. März intensiv mit der SNB und der Finma die Situation der Credit Suisse verfolgte und dass damals bereits Gespräche mit der UBS und Credit Suisse aufgenommen wurden, um eine nachhaltige Lösung zu finden.

Bundesrätin Keller-Sutter äusserte sich wie folgt: «Bereits in den vergangenen Monaten und Wochen hat das Finanzdepartement im engem Austausch mit dem Bundesrat und zusammen mit der Finanzmarktaufsicht der SNB die Lage am Finanzmarkt eng verfolgt und verschiedene Szenarien entwickelt. Am letzten Mittwoch, am 15. März, wurde dann aufgrund der turbulenten Entwicklungen am Markt klar, dass die Liquidität der Credit Suisse nicht mehr gesichert ist. In Abstimmung mit dem Finanzdepartement haben Finma und SNB darum am Mittwochabend zu den Unsicherheiten am Markt Stellung genommen und die SNB hat klar gemacht, dass sie der CS im Bedarfsfall die Liquidität zur Verfügung stellt. Um die Liquidität auch längerfristig sicherzustellen, wurden auch rechtliche Anpassungen notwendig. […] Parallel zur Sicherstellung der Liquidität hat mein Departement die Arbeiten für eine nachhaltige Lösung vorangetrieben. Erste Gespräche mit der UBS und der CS haben bereits am letzten Mittwochnachmittag, also am 15. März, stattgefunden. In den nachfolgenden Tagen und Stunden wurden die Verhandlungen vorangetrieben. Der Bundesrat war laufend informiert. Sie haben es gehört, der Bundespräsident hat gesagt, wir hatten vier Sitzungen in vier Tagen und konnten uns täglich ein Bild der Lage machen. […] Ausserdem stand ich täglich im Austausch mit Kollegen im Ausland, insbesondere mit Kollegin Janet Yellen in den USA und Jeremy Hunt in UK.»

Wer die Berichterstattung der Financial Times verfolgte, konnte sich nur wundern, woher diese Zeitung laufend detaillierte Informationen über die Übernahme hatte und weshalb diese ohne Einspruch des Bundesrates oder der Finma verbreitet werden konnten, während unsere eigenen Medien im Dunkeln gelassen wurden. Die Verbreitung von börsenrelevanten Insiderinformationen ist bekanntlich ein Straftatbestand.

Aber noch verwerflicher ist die Tatsache, dass die SNB und die Finma, in voller Kenntnis der desolaten Lage, noch am Abend des 15. März eine Pressemittelung veröffentlichten, in der die finanzielle Situation der Credit Suisse wie folgt dargestellt wurde: «Die Schweizerische Nationalbank SNB und die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finma informieren, dass von den Problemen gewisser Bankinstitute in den USA keine direkte Ansteckungsgefahr für den Schweizer Finanzmarkt ausgeht. Die für die Schweizer Finanzinstitute geltenden strengen Kapital- und Liquiditätsanforderungen sorgen für die Stabilität der Institute. Die Credit Suisse erfüllt die an systemrelevante Banken gestellten Anforderungen an Kapital und Liquidität. Die SNB wird im Bedarfsfall der CS Liquidität zur Verfügung stellen.»

Aufgrund dieser positiven Einschätzung haben wohl viele Aktionäre ihre CS-Titel behalten, oder sogar noch zugekauft statt abgestossen. Die Aktionäre und wohl auch die Tier-1-Obligationäre – Letztere werden rund 17 Milliarden Dollar verlieren – haben sich wohl auf die hehren Worte der SNB verlassen.

Die teuer erkaufte vermeintliche Beruhigung an den Kapitalmärkten traf nicht ein und der 275-Milliarden-US-Dollar-Tier-1-Refinanzierungsmarkt für die Banken wurde massakriert.

Die 3 Top-Kommentare zu "Noch vor wenigen Tagen verkündeten Finma und SNB: Credit Suisse «erfüllt die an systemrelevante Banken gestellten Anforderungen». Im Hinterzimmer liefen aber bereits Verhandlungen für die Verscherbelung"
  • Eliza Chr.

    Heisst zu deutsch: Lug und Trug auf jeder Ebene, ganz extrem beim verlogenen BR. Es ist echt nur noch zum K.... mit dieser unsäglichen und unqualifizierten Regierung. Keinem glaube ich noch ein Wort. Die sind keinen Deut besser als jene in Deutschland.

  • Proxima Centauri

    KKS schon wieder (interessanterweise von inzwischen neuem Departement aus). Wir erinnern uns: Am 27.2.22 informierte KKS von einem Treffen der EU-Justiz & Innenminister aus, dass sie für eine Verschärfung der Sanktionen sei - eine Steilvorlage für die hiesige transatlantische Sonntagspresse. (Frage: was genau macht eine CH-Justizministerin an einem EU-Treffen?). Am 28.2.22 gab der BR der Neutralität auf.

  • Joerg Sulimma

    Ein Politikwissenschaftler, ein Winzer, ein Arzt, eine Anwältin, eine Berufsschullehrerin, ein Agraringenieur und eine Sozialarbeiterin machen sich vier Tage lang ein Bild der Lage und lassen sich dann ohne Sinn und Verstand auf einen solchen Deal ein. Die Lehrerin spricht dann noch von der finanzpolitisch weit besser aufgestellten Janet Yellen als "Kollegin". Das hat Charme! Natürlich ist es richtig, daß der Bundesrat entscheidet. Aber ein wenig mehr Demut und Beratung wäre wohl gut gewesen!