Am 11. November haben Schweizer Medien eine nahezu gleichlautende Klimaschlagzeile publiziert. CH Media meldet «Australien zeigt sein Herz für Klimaflüchtlinge», die NZZ doppelt nach «Australien nimmt Klimaflüchtlinge aus Tuvalu auf». Die SRF-Plattform differenziert ein bisschen in der Schlagzeile «Klimawandel und China bereiten im Pazifik sorgen», doppelt dann aber im Text umso alarmistischer nach; gemäss SRF-Korrespondent Urs Wälterlin sollen aufgrund des steigenden Meeresspiegels einige Inseln nicht mehr bewohnbar sein und Tausende sollen bereits ihre Heimat verloren haben.

Das ist so schlicht falsch. Tatsächlich vernichten Stürme immer wieder Siedlungen auf den exponierten Atollen. Atolle sind sehr dynamische Inselstrukturen, die sich durch die Brandung und Stürme, aber auch Korallenwachstum laufend verändern. Ein steigender Meeresspiegel von wenigen Millimetern pro Jahr ist bei einem gleichzeitigen Korallenwachstum von mehreren Zentimetern gar nicht die eigentliche Sorge.

 

Hausgemachte Probleme

Im Gegenteil, diese flach liegenden Inseln haben in den letzten Jahren sogar an Grösse zugelegt. Die Lebensgrundlage der Inselbewohnerinnen und -bewohner ist gefährdet durch ungenügende Wasserversorgung – in der Regel durch Verschmutzung oder Versalzung bei der Übernutzung des sehr fragilen und spärlichen Grundwassers. Doch das passt nicht ins gängige Narrativ.

Noch viel bedenklicher ist aber, dass der News-Wert und die eigentliche Schlagzeile des Sachverhalts nicht erkannt wurden: Dem australischen Premierminister Anthony Albanese ist ein cleverer geopolitischer Schachzug gelungen. Sämtliche pazifischen Staaten fürchten die wachsende und aggressive Einflussnahme Chinas. Die Meere dieser Region verfügen über ein riesiges Rohstoffpotenzial, von der Fischerei über Öl und Gas bis zu Erzen wie Mangan, Nickel, Kobalt und Kupfer.

 

Fixiert auf Klimaschlagzeilen

Anthony Albanese ist es nun innerhalb weniger Tage gelungen, mit einem Besuch Chinas die blockierten Handelsbeziehungen zu lockern und gleichzeitig die kritischen Inselstaaten wieder etwas näher an sich zu binden, ohne den Zorn Chinas erneut auf sich zu ziehen. Das ist ein geopolitischer Drahtseilakt, insbesondere unter dem Aspekt, dass Australien ein fester militärstrategischer Partner der USA ist und zur Sicherung des südpazifischen Raums ein US-gefördertes Atom-U-Boot-Programm verfolgt.

Das Tüpfelchen auf dem i ist, dass es Premier Albanese dann noch gelungen ist, das Ganze klimapolitisch vorteilhaft einzupacken – wo Australien in dieser Hinsicht doch eher als Bösewicht gilt.

Die naiven Schlagzeilenjäger haben diesen cleveren Drahtseilakt geopolitischer Bedeutung nicht im Ansatz erkannt oder nicht erkennen wollen und sich wiederum mal bloss auf eine Klimaschlagzeile beschränkt. Im Zusammenhang mit der Uno-Klimakonferenz COP28, die in Dubai noch bis zum 12. Dezember läuft, werden Tausende von Schlagzeilen in die Öffentlichkeit geschickt, und bei jeder Botschaft wird die Frage in der Luft hängen, wie gründlich wohl die Analyse der Medienleute ist.

 

Markus O. Häring ist promovierter Geologe und Buchautor. Er ist weltweit als Experte für nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser- und Energieressourcen im Untergrund tätig. Zurzeit lebt er in Australien.

Die 3 Top-Kommentare zu "Klimapolitisch gut verpackt"
  • NicoS

    Die Meldung, dass der steigende Meeresspiegel die Rettung der entsprechenden Insulaner notwendig gemacht hätten, ist auch bei meinem Bruder so angekommen. Die Theorie mit dem CO2 sitzt so tief, dass darüber nicht mehr nachgedacht werden darf. Sie ist bei allen Themen so stark eingeflochten, dass sie nichts mehr anders als wahr sein muss. Einzig wenn ich an der Sonne liege und eine Wolke mich kurzzeitig beschattet, kommt in mir die Frage auf, ob die Wolken in den heiligen Modellen auch einflossen

  • werner.widmer

    Kann mir jemand sagen wie sich der Pegel der Nordsee bei Bremerhafen seit 1960 anhob?

  • juege

    Soviel wir Tuvalu schon untergeht, müsst es heute min 100 m unter dem Meeresspiegel sein.