Weltwoche: Herr Müller, wie geht es Ihnen?

Xeno Müller: Danke, mir geht es blendend! Ich laufe jeden Tag rund 10 000 Schritte, alleine und mit den Hunden Molly, Dolly und Bumble sowie mit meiner Frau Erin. Wir machen auch täglich DDP-Yoga. Fragt man mich, wie es mir geht, denke ich eigentlich immer sofort an andere, denen es nicht so gut geht. Im Moment bricht es mir das Herz, wenn ich Bilder aus der Ukraine sehe. Mister Putin, stop this war! Ich habe Geld gespendet. Wir müssen zusammenhalten und füreinander schauen. Wir haben schliesslich nur eine Erde, zu der wir Sorge tragen müssen.

Weltwoche: Was bedeutet Ihnen heute Ihr grösster Erfolg, der Gewinn der Skiff-Goldmedaille an Olympia 1996 in Atlanta?

Müller: Sowohl die Gold- wie auch die Silbermedaille, die ich täglich in unserem Wohnzimmer anschaue, bedeuten mir nach wie vor sehr viel. Ich weiss, wie viel ich dafür arbeiten musste. Es macht mich schon stolz, dass ich dies geschafft habe.

Weltwoche: Was hat Sie damals besonders motiviert?

Müller: Vier Jahre vor Atlanta schiffte ich im Olympiafinal in Barcelona ab, kam nach Hause und versprach meinem krebskranken Vater Peter: «Papi, an den nächsten Spielen werde ich zuoberst stehen auf dem Podest!» Mein lieber Vater verstarb bald danach. Es war dieses Versprechen, das mich beflügelte.

Weltwoche: Sie grüssten Ihren Vater dann beim Zieleinlauf in Atlanta wie ein Admiral mit ausgestreckter Hand an der Stirn . . .

Müller: Ganz genau! Ich hatte einen satten Vorsprung, konnte sogar die Ruder kurz vor dem Ziel loslassen. Mit Freudentränen in den Augen setzte ich dann ganz spontan zu diesem Gruss an. Es war sehr emotional!

Weltwoche: Ihre ersten Gratulantinnen waren – noch vor Bundesrat Adolf Ogi – Ihre zukünftige Frau Erin und Ihre Mama Edith. Was sagten sie?

Müller: Unvergesslich, ja. Erin sagte: «I knew you could do it, still unbelievable, I love you!» Meine Mutter meinte: «Bueb, du bisch eifach de Gröscht!» Das waren ihre ersten Worte, die ich heute noch so präsent habe, als wäre es gestern gewesen.

Weltwoche: Auch Edith war in Tränen aufgelöst vor Freude.

Müller: Ja! Mama Edith, die vor drei Jahren starb, war mein grösster Fan. Sie hatte immer ihr Velo dabei, fuhr damit auf dem Land neben mir die Rennstrecke ab und feuerte mich lautstark an – einfach genial!

Weltwoche: Wer war besonders stolz auf Sie?

Müller: Natürlich meine allerliebste Erin, damals meine Freundin. Ich hatte sie erst kurz vor den Spielen in meinem Ruderklub in Newport Beach, südlich von Los Angeles, kennengelernt. Dann meine Grosseltern aus Oerlikon, und natürlich meine Mutter, die mich immer auch leiden sah.

Weltwoche: Am 31. Dezember des gleichen Jahres haben Sie Erin dann schon geheiratet. Warum so schnell?

Müller (Lacht): Weil ich immer der Schnellste sein will. Im Ernst: Weil Erin die Liebe meines Lebens ist. Ich wusste schon an der Hochzeit: Wir werden vier Kinder haben, ein Mädchen und drei Buben. Voilà: Georgia ist heute 25 Jahre alt, Xeno junior 23, Christopher 21 und Ried 13.

Weltwoche: Was ist das Geheimnis Ihrer 26-jährigen Ehe?

Müller: Ewige Liebe! Ich glaube an sie. Wir beide arbeiten aber auch jeden Tag an dieser Liebe. Dass wir gleich ticken, kommt uns entgegen. Und auch, dass wir beide ausgeprägte Familienmenschen sind. Wir vergöttern unsere Kids, sie sind unser Ein und Alles!

Weltwoche: Was machen Sie heute?

Müller: Der Rudersport ist weiterhin mein Leben. Ich unterrichte Junioren weltweit über das Internet. Das ist sehr spannend, erfüllt mich und macht mich glücklich.

 

 

Der Zürcher Xeno Müller, Jahrgang 1972, ist der erfolgreichste Schweizer Skiffier der Geschichte. 1996 holte der Ruderer an den Olympischen Spielen in Atlanta, Georgia (auch der Name seiner Tochter), als 24-Jähriger Gold. Vier Jahre später war es in Sydney Silber.