Am 20. Dezember würdigte VBS-Chefin Viola Amherd den Abschluss der EU-Verhandlungen. Gemeinsam mit EU-Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen trat die scheidende Bundespräsidentin vor die Kameras. Journalistenfragen waren im Bernerhof nicht willkommen.

Diese durften die Bundesräte Ignazio Cassis, Guy Parmelin und Beat Jans später im Medienzentrum des Bundeshauses beantworten – Amherd glänzte durch Abwesenheit.

Das sorgt in Bern für Kopfschütteln. Im Interview mit dem Sonntagsblick kritisiert SVP-Präsident Marcel Dettling die VBS-Chefin dafür scharf.

«Ich hätte von der Bundespräsidentin erwartet, dass sie hinsteht und sich den Fragen stellt.»

Stattdessen habe Amherd den «grossen Zampano» gespielt und sei lediglich für «einen Handshake mit der EU-Vertreterin kurz auf die Bühne» getreten. Dettlings Worte überraschen wenig, hat sich die SVP doch seit längerem auf Amherd eingeschossen.

Bemerkenswert jedoch ist die Schützenhilfe, die der SVP-Präsident von unerwarteter Seite erhält: Kein Geringerer als Mitte-Präsident Gerhard Pfister pflichtet ihm für seine Aussagen bei.

«Ich finde das auch nicht richtig, dass die Bundespräsidentin dort fehlte», schreibt Pfister auf der Plattform X und tadelt Amherds Fernbleiben bei der Pressekonferenz. «Warum der Bundesrat diese Delegation so bestimmte», sei fragwürdig.

Anders als Amherd, die im Bundesrat als treibende Kraft für eine EU-Anbindung gilt, blickt der Mitte-Chef einer solchen durchaus skeptisch entgegen.

Im vergangenen August forderte der Zuger Nationalrat im Interview mit der NZZ eine einseitige Schutzklausel. «Wir brauchen eine Notbremse für schwierige Situationen», sagte Pfister, dem Bundesratsambitionen nachgesagt werden.

Die EU-Frage wird mehr und mehr zur Zerreissprobe. Ebenso wie FDP oder SP ist man auch innerhalb der Mitte gespalten.

Schwergewichte wie etwa der Walliser Ständerat Beat Rieder stehen einer EU-Annäherung kritisch gegenüber. Die eigene Bundesrätin Viola Amherd drückt aufs Gaspedal.

Gleichzeitig ist auch den Politikern in Bern bewusst, dass eine institutionelle Annäherung spätestens vor dem Volk einen schweren Stand haben wird.

Pfister wiederum – bereits ahnend, wohin der Wind künftig drehen könnte – weiss das nur zu genau. Und sieht den Zeitpunkt für gegeben, zum Angriff auf die eigene Bundesrätin zu blasen.

Medien zu meiden, darin ist Amherd längst geübt (die Weltwoche berichtete). Eigentlich ein unschweizerisches Verhalten, das wenig zur Popularität beiträgt.

Auch das weiss Pfister nur zu genau. Mutiert der Mitte-Chef derweil zum Populisten und sieht die Chance seines Lebens gekommen?

Als möglicher Bundesratskandidat der Mitte ist Pfister, der Amherds Nachfolge antreten könnte, auf die Stimmen der SVP angewiesen. Über einen baldigen Rückritt der VBS-Chefin wird in der Hauptstadt schon seit längerem spekuliert.