Ich bin nochmals sämtliche Ratsprotokolle durchgegangen und habe akribisch nach Substanz gesucht. Streicht man alle ideologischen Statements und andere Floskeln aus den Referaten, dann bleibt wenig sachlich Sinnvolles und bisher Unbekanntes übrig. Die zuständige Finanzministerin hat viele berechtigte Fragen schlicht nicht beantwortet oder auf künftige Berichte und Nachverhandlungen vertröstet. Auch drei Wochen nach dem Handshake zur Übernahme der CS durch die UBS wurden dem Parlament Milliarden-Vorlagen mit bedenklich mageren Entscheidungs-Grundlagen aufgetischt. Für die neun Milliarden Franken Garantie an die UBS für allfällige Bewertungsabschläge auf CS-Portfolios wurden in der Botschaft ganze 65 Zeilen aufgewendet. Reichten die drei Wochen nicht aus, um diese Problemaktiven etwas genauer unter die Lupe zu nehmen, um mehr Entscheidungssicherheit zu gewinnen?
Rund ein Dutzend Forderungen der Politik standen anlässlich der Sondersession stichwortartig zusammengefasst zur Diskussion: Boni-Verbote, Schadenersatz-Zahlungen der ehemaligen Credit-Suisse-Führungsriege, Kritik am Nichteingreifen der Aufsichtsbehörden SNB und Finma, untaugliche TBTF-Gesetze, Bussenkompetenz für die Finma, Nachhaltigkeitsauflagen für die UBS, der Einsatz einer PUK (parlamentarische Untersuchungskommission), höhere Eigenmittel und Liquidität, Abbau der enormen Derivate-Positionen, die Einführung eines Trennbankensystems, eine Abgeltung seitens der UBS für die impliziten Staatsgarantien, mehrheitlich Schweizer VR- und Führungskräfte sowie das Herauslösen und eine Verselbständigung der Credit Suisse Schweiz auch aus Wettbewerbsgründen.
Die meisten dieser Forderungen wurden lediglich in Postulate verpackt, um den Bundesrat nicht zu Schnellschüssen zu drängen. Er soll vorerst in aller Ruhe eine genaue Analyse der Umstände und Verantwortlichkeiten für die Katastrophe vornehmen können.
Viele Mainstream-Redner plapperten einfach Forderungen ihrer Parteiideologien nach, ohne deren Konsequenzen zu Ende zu denken. Ein krasses Beispiel dafür ist die Höhe der geforderten Eigenmittel. Die CS ist zwar nicht an zu wenig Eigenkapital gescheitert, sondern am Vertrauensschwund, der zu massiven Rückzügen von Einlagen führte und die Bank in eine Liquiditätsklemme stürzte. Dennoch rief die Meute nach höheren Eigenmitteln. Aber im Parlament wurden nicht nur 10 bis 30 Prozent Eigenmittel gefordert. Diese Quoten sollen sich nicht mehr auf die risikogewichteten Aktiven (je nach Risikohaftigkeit kommen unterschiedliche Unterlegungssätze für die einzelnen Bilanzpositionen zur Anwendung), sondern auf die Bilanzsumme beziehen.
Allein die Bilanzsumme der fünf systemrelevanten Banken stellte sich Ende 2022 auf 2231 Milliarden Franken. Die Eigenmittel betrugen 137,5 Milliarden Franken oder 6,2 Prozent der Bilanzsumme. Die von Rot-Grün geforderten 10, 20 oder 30 Prozent Eigenkapitalquote zum Bilanztotal würden Eigenmittel von 223, 446 und 669 Milliarden Franken bedingen. Woher sollen die fünf Banken zusätzliche 86, 309 oder 532 Milliarden Franken neue Eigenmittel beschaffen? Ein Ding der Unmöglichkeit, denn auch alle übrigen Banken werden zusätzliche Eigenmittel benötigen.
Viele Banken werden schon deshalb nicht in der Lage sein, neue Eigenmittel über den Kapitalmarkt zu beschaffen, weil sie an keiner Börse kotiert sind. Sie werden vorerst ihre Gewinnausschüttungen reduzieren müssen, was auch die Steuereinnahmen drücken wird.
Reicht dies nicht aus, werden sie ihr Geschäftsvolumen, vor allem das Kreditgeschäft, zurückfahren und die derzeit noch sehr tiefe Zinsmarge erhöhen müssen. Die Wirtschaft, insbesondere die Investitionstätigkeit und der Immobiliensektor, werden unter den höheren Zinsen leiden. Auch die Staatshaushalte kommen nicht ungeschoren davon. Weniger Steuereinnahmen, höhere Hypothekarzinsabzüge und steigende Zinskosten bei jeder Neu- und Umschuldung wären die Folge.
Von dieser Sondersession mehr zu erwarten, als das was schlussendlich raus gekommen ist, wäre für den grössten Teil der Parlamentarier schlicht ein Überforderung gewesen. Und jene wenigen, die viel, oder zumindest einiges von der Finanzindustrie verstehen, haben sich wohlweislich mehrheitlich zurückgehalten. Sie wollten wohl den Gottesdienst der selbsternannten Experten nicht stören.
Bankenkrisen von Zeit zu Zeit gehören zu einer kapitalistischen Marktwirtschaft, welche letztlich die Quelle des Wohlstands in den USA und Westeuropa ist. Wenn die Politik Bankenkrisen wegregulieren will, dann gelingt das nur, wenn sie Markt und Wettbewerb verhindert und damit unseren Wohlstand zerstört. Das Kind mit dem Bade ausschütten, nennt man das.
Nach dem Swissair-Absturz gaben rund 70 Parlamentarier ihre Meinung ab und forderten unter anderem eine Einschränkung der Kompetenz der Finanz-Delegation. Anscheinend sind 20 Jahre eindeutig zu kurz um im Parlament diese Forderung umzusetzen. Man beschäftigt sich lieber mit Gleichstellung und Quotenfrauen als mit dem überbordendem Milliardenwahnsinn einer kleinen Gruppe die sich anmasst über das Wohl der Nation und der Bevölkerung zu entscheiden.