Den ukrainischen Truppen geht nach und nach die Manpower aus.

Es häufen sich Berichte von Soldaten, die aus dem Land flüchten. Aber deutsche Politiker wie Roderich Kiesewetter schert das nicht. Auch bei «Anne Will» am Sonntagabend lautete das Gnadenlos-Mantra des CDU-Mannes: «Die Ukraine muss gewinnen.» Egal also, wie sehr sich deren Streitkräfte auszehren und aufreiben, sie haben gefälligst weiterzumachen. Weil Menschen in kuscheligen Talkshow-Sesseln Krieg gegen Putins Russland für eine famose Idee halten.

Die aus der Sommerpause jüngst zurückgekehrte Anne Will drehte in ihrem bellizistischen Furor weiter auf. Mässigende Töne: Fehlanzeige. Man könnte fast meinen, sie würde gerne direkt aus ihrem Berliner Studio und mitsamt allen Gästen die ukrainische Armee mit Durchhalteparolen befeuern und höchstpersönlich die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern anordnen.

Dem ungebrochen beängstigenden, mit Gebührengeldern finanzierten ARD-Kriegskurs stellte sich lediglich die unermüdliche Sahra Wagenknecht entgegen und geriet – wie erwartet – ins Visier des anwesenden Propaganda-Chors, vor allem als sie erneut zu Friedensverhandlungen mahnte. Insbesondere Kiesewetter war derart ungehalten, dass er weder Mimik noch Gestik in den Griff bekam. Er wirkte wie ein Stier in der Kampfarena.

Die Möglichkeit, sich verrannt zu haben, wird gar nicht erst in Betracht gezogen. Während von den meisten Medien immer wieder beschworen wird, die russische Verteidigung stehe kurz vor dem Kollaps, wird weitestgehend geschwiegen über ukrainische Soldaten und Grenzbeamte, die sogar nach Russland fliehen, nur um dem Krieg zu entkommen. Neulich waren es über 400. Laut russischem Geheimdienst haben einige sogar Asyl beantragt.

Zudem wird mit Wehrdienstverweigerern kräftig Kasse gemacht. Ein Diakon der ukrainisch-orthodoxen Kirche wurde jüngst in Odessa festgenommen, weil er Männern unter dem Vorwand der Vorbereitung auf die kirchliche Priesterweihe bei der Ausreise geholfen haben soll – gegen eine Mindestgebühr von 4500 Dollar pro Person. Ärztliche Bescheinigungen, die vom Militärdienst entbinden sollen, kosten bis zu 10.000 Dollar. Präsident Wolodymyr Selenskyj ordnete inzwischen neue medizinische Tests an.

Das einfach unter den Tisch fallen zu lassen, wie beim Will-Talk geschehen, gehört inzwischen zum Standard öffentlich-rechtlicher Berichterstattung.