Gut gemeint, aber schlecht gemacht: Dieses Urteil fällt Professor Johannes Varwick, Politikwissenschaftler an der Martin-Luther-Universität im deutschen Halle-Wittenberg, über das Vorgehen des Westens im Ukraine-Krieg.

In einem Gastbeitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung schreibt Varwick, man müsse sich überlegen, zu welchem Preis man die Ukraine bei der Erhaltung ihrer Existenz unterstützen wolle. Dass diplomatische Gespräche über einen möglichen Waffenstillstand grundsätzlich ausgeschlossen werden, sei ein Fehler. Ebenso die Annahme, dass immer mehr militärische Hilfe für die Ukraine aus dem Westen die Lösung sei.

Die «vorbehaltlose Unterstützung» der Ukraine sei dem «gesinnungsethischen Kompass» geschuldet, so der Wissenschaftler. Niemand frage, ob sie wirklich zum Ziel führe. Der Westen sei schon vor dem Krieg nicht «zu einem nüchternen Interessenausgleich» mit Russland bereit gewesen und habe die «deutlich erklärten roten Linien» des Landes überschritten.

Varwick kommt zum Schluss: «Dieser Krieg wird nur durch eine diplomatische Lösung beendet werden.» Keine der Seiten werde dabei Maximalforderungen durchsetzen können. Denn man dürfe bei den Verhandlungen nicht nur auf Gerechtigkeit pochen, sondern müsse auch für «Schadensbegrenzung, Stabilität und Gleichgewicht» sorgen.

Am Ende dieses Prozesses könnte laut ihm eine neutrale Ukraine stehen, die sich aber nicht eindeutig im westlichen Lager befinde oder zum euroatlantischen Bündnis gehöre. Ziel müsse zunächst keine dauerhafte Lösung, sondern ein «Einfrieren dieses Konflikts» sein.