Seit die südafrikanische Ärztin Angelique Coetzee Ende November das Omikron-Virus entdeckt hat, sind zwar neue Omikron-Varianten hinzugekommen. Aber dadurch habe sich ihre damalige Einschätzung des Virus nicht verändert, sagt sie in einem Telefonat, während sie in ihrer Praxis in Pretoria auf den nächsten Patienten wartet.

Das klinische Bild bei den neu aufgetretenen Varianten BA.1, BA.2 und BA.3 sei «ziemlich ähnlich» wie beim Hauptstamm Omikron. Bei Omikron handle es sich nämlich nicht um einen einzelnen Stamm, sondern um eine Familie von mindestens drei Stämmen.

Mehr Sorgen bereitet Coetzee die Politik. Allgemeinärzte gehören zwar stets zu den Ersten, die mit neue Virusvarianten konfrontiert sind, sagt Coetzee. «Wir sind in unseren Praxen das Einfallstor für das Virus,» meint sie. Sie seien deshalb den Wissenschaftern im Labor, die zunächst das Eintreffen der Daten abwarten müssten, stets einen Schritt voraus.

Die Forschung müsse den Resultaten von Ärzten in den Kliniken folgen. Sie habe deshalb bei der Politikberatung versagt. Es sei paradox, meint Coetzee: Politiker hören auf die Wissenschafter. Aber sie übersehen, dass die Basisarbeit bei den praktizierenden Ärzten erfolgt, die sehen, wie Patienten infiziert werden.

Und das sei weltweit ein Problem: Wenn Politiker die Strategie gegen Covid-19 definieren, lassen sie sich von der Wissenschaft leiten, vergessen dabei aber die klinische Seite des Problems.

Coetzee plädiert deshalb für eine «Evidenz-basierte Medizin», die sich auf die Erfahrungen und Empfehlungen der Ärzte stützt, die «an der Front aktiv sind».

Das sei die effizienteste Grundlage dafür, Massnahmen gegen die Epidemie zu definieren.