Den möglichen Einsatz von Nuklearwaffen hat der russische Präsident wiederholt ins Spiel gebracht – allerdings nur rhetorisch. Jetzt kündigt er erstmals eine physische Verlagerung russischer Atombomben an.

Sein weissrussischer Amtskollege Alexander Lukaschenko, so behauptete Putin am Wochenende, habe um die Stationierung taktischer Atomwaffen in seinem Land gebeten. Anfang Juli soll es so weit sein.

Im Kreml hiess es, die Massnahme sei eine Antwort auf die Lieferung panzerbrechender Uranmunition durch Grossbritannien an die Ukraine.

Mit der Stationierung erreicht Putin ein Ziel, das ihm bislang verwehrt blieb: eine permanente Militärbasis im weissrussischen Nachbarland. Die Geschichte der Supermächte zeigt die gewichtige Rolle solcher Basen bei der Projektion von Macht in Krisenlagen.

Bei der formalen Verteidigung seiner Entscheidung hat Putin leichtes Spiel. Der Erzgegner USA lagert ebenfalls Atomwaffen bei europäischen Verbündeten. Darunter auch Deutschland, das aus diesem Grund dem Atomwaffen-Verbotsvertrag nicht beigetreten ist.

Genüsslich erklärte der russische Präsident, sein Land tue nichts anderes als die USA «schon seit Jahrzehnten». Auch die Amerikaner bereiteten die Träger-Flugzeuge ihrer Verbündeten und deren Besatzungen auf einen Einsatz vor: «Wir geben die Atomwaffen nicht weiter. Die USA geben ihren Verbündeten auch keine.»

In den weissrussischen Medien sind Kritik und Bedenken unübersehbar. Ausser der Angst vor Eskalation und einem Übergreifen des Krieges auf Belarus scheint die Sorge durch, mit der Stationierung der russischen Atomwaffen die letzten aussenpolitischen Brücken Richtung Westen zu verlieren. Ein Kommentator fragt: «Was bleibt einer Regierung überhaupt noch an autonomer Handlungsfähigkeit, wenn sie [ausländische] Massenvernichtungswaffen auf ihrem Territorium zulässt?»