Wer ein Land regiert, muss eine dicke Haut haben. Vor allem in der Schweiz, wo Presse- und Meinungsfreiheit sowie direkte Demokratie herrschen und die Regierenden mit den Regierten auf Augenhöhe sein müssten. Die Haut von Mitte-Bundesrätin Viola Amherd scheint im Lauf ihres Präsidialjahrs indes eher dünner geworden.

Die Noch-Bundespräsidentin hat ein Interview mit den reichweitenstarken CH-Media-Zeitungen kurzerhand abgesagt. Das berichtet CH Media selbst, in der neusten Ausgabe des hauseigenen Podcasts «Hinter den Schlagzeilen».

Demnach geht die Absage auf einen Artikel zurück, den Doris Kleck, die stellvertretende Chefredaktorin, jüngst über Amherds Nachfolgerin als Bundespräsidentin, FDP-Bundesrätin Karin Keller-Sutter, geschrieben hat. Amherds Rolle im Bundesrat und ihre stark belastete Beziehung zu Keller-Sutter wurde darin kritisch gewürdigt – in Klecks typischer Art: sachlich, fair, präzis.

Amherd hat mehrfach versucht, den Entscheid des Bundesrats, die Armeefinanzen erst für 2035 aufzustocken, zu hintertreiben. Die VBS-Chefin will das Geld schon für 2030, hat es aber verpasst, im Bundesrat eine entsprechende Mehrheit zu organisieren. Das ist aus Amherds Sicht bitter. Und man kann es ihr nicht verübeln, sich über die Kritik und mehr noch über die Wahrheit zu nerven.

Mit der Trotzreaktion zeigt sie aber, dass ihr der Umgang mit Kritik schwerfällt. In ihrer Neujahrsansprache wünschte sich Amherd, «mit einem guten Gefühl» auf ihr Präsidialjahr zurückschauen zu können. «Stossen die Heldinnen und Helden auf Turbulenzen, treffen sie mutige Entscheidungen.»

Sich selbst wird sie damit kaum gemeint haben. Der Entscheid, Kritik an der eigenen Person mit einer vermeintlichen Vergeltungsmassnahme zu erwidern und ein bereits anberaumtes Interview wieder abzusagen, ist weder mutig noch klug. Sondern einer Bundespräsidentin unwürdig.