Ab dem kommenden Donnerstag stehen zahlreiche Aufführungen am 20. Zurich Film Festival (ZFF) auf dem Programm. Zu reden gibt derzeit aber vor allem ein Film: «Russians at War».

Drei Aufführungen waren ursprünglich eingeplant: Doch daraus wird nichts. Nach Drohungen und Einschüchterungsversuchen hat das ZFF kalte Füsse bekommen. Die Weltwoche berichtete. Ukrainische Stellen taten alles, den Film möglichst zu verhindern. Darunter offenbar auch Iryna Wenediktowa, die ukrainische Botschafterin in der Schweiz.

«Ich weiss, dass der ZFF-Leiter von der ukrainischen Botschafterin in der Schweiz aufgefordert worden ist, den Film zurückzuziehen», sagt Anastasia Trofimova im «Daily-Spezial»-Interview mit der Weltwoche.

Wenediktowa, seit November 2022 Botschafterin in der Schweiz, ist bekannt dafür, rigoros gegen unliebsame Inhalte vorzugehen. Sie war 2021 als Generalstaatsanwältin dafür verantwortlich, dass die Kyiv Post zwischenzeitlich eingestellt wurde. Brian Bonner, dem ehemaligen Chefredaktor, soll sie gedroht haben. Ein Dorn im Auge war ihr die kritische Berichterstattung.

Nun hat die ukrainische Botschafterin auch in der Schweiz zugeschlagen. «Schockiert» sei sie über die jüngsten Vorkommnisse, sagt Regisseurin Trofimova. Bisher habe sie die Schweiz immer als einen «sicheren Hafen der Neutralität» gesehen. Tempi passati.

Keine Vorwürfe macht die Regisseurin dem ZFF: «Sie wollten unbedingt, dass dieser Film gezeigt wird.» Die drei Aufführungen von «Russians at war» seien bereits ausverkauft gewesen.

Auf Anraten der Polizei habe man sich jedoch entschieden, den Film nicht auszustrahlen. ZFF-Verantwortliche seien eingeschüchtert worden. Auch zu Todesdrohungen soll es gekommen sein.

Der kanadisch-russischen Regisseurin wird vorgeworfen, den Krieg der russischen Seite zu verharmlosen und die Soldaten zu «vermenschlichen». Die Selenskyj-Regierung stuft Trofimova als eine Bedrohung für die «nationale Sicherheit» ein. ZFF-Direktor Christian Jungen hatte noch vor wenigen Tagen stolz verkündet, dass man daran festhalte, den Film zu zeigen.

Nun verdichtet sich das Bild: Es sieht ganz nach einer konzertierten Aktion Kiews aus, in die mehrere Stellen involviert gewesen sein dürften. Auf X forderte das ukrainische Aussenministerium das Zurich Film Festival auf, «den Ruf des Festivals nicht durch die Vorführung von ‹Russians at War› zu ruinieren».

Vor dem Hintergrund der Schweizer Ukraine-Politik mutet das Vorgehen geradezu ungeheuerlich an. Erst jüngst hat der Bundesrat den Status S verlängert. Bern unterstützt zudem die Ukraine mit Milliarden-Summen. Auf Wunsch von Selenskyj veranstalteten Cassis und Co. diesen Sommer die Bürgenstock-Konferenz.

Als Dank dafür droht die ukrainische Führung nun ZFF-Verantwortlichen wegen eines Filmes, der ihr nicht in den Kram passt. Und was macht Bern? Seitens der Politik und der Behörden ist bisher kaum ein Ton zu hören. Führte das aggressive Vorgehen der Ukrainer mindestens zu einer Einbestellung der ukrainischen Botschafterin?

Lässt man sich das gefallen? Ist Botschafterin Wenediktowa eigentlich noch tragbar? Was hält Ignazio Cassis, der bisher fast jedem Wunsch seines «Freundes» Wolodymyr Selenskyj nachgekommen ist, von dem Vorgehen der Ukrainer? Affaire à suivre.

Anmerkung der Redaktion: Die Stadtpolizei Zürich dementiert, dass sie davon abgeraten habe, den Film auszustrahlen.