Mary, Queen of Scots (1542–1587)

Wäre Maria Stuart, Königin der Schotten, heute noch am Leben, würden die Zeitungen sie als «Maria, Königin des Skandals» betiteln. Die Biografin Lady Antonia Fraser beschrieb ihr Leben als ein Leben voller «Mord, Sex, Pathos, Religion und unpassenden Liebhabern». Während ihres Lebens war sie die katholische Königin von zwei Ländern, Schottland und Frankreich, und Anwärterin auf das Amt der Königin des protestantischen England.

Maria wird 1542, nur sechs Tage nach ihrer Geburt, Königin von Schottland. Sie wächst in Frankreich auf und heiratet Franz II., einen stotternden Schwächling. Als er im Alter von siebzehn Jahren stirbt, kehrt Maria nach Schottland zurück, wo ihr Leben von Turbulenzen geprägt ist. Es gelingt ihr nicht, die Spannungen der rivalisierenden Adelsfamilien zu beruhigen.

Maria führt ihre Armee in der Schlacht von Langside (1568) gegen aufständische protestantische Aristokraten an: Sie verliert und flieht nach England. Ihr Selbstverständnis als Erbin der englischen Krone macht sie zur Rivalin von Elisabeth I., der «jungfräulichen Königin» von England. Maria wird verdächtigt, an einem geplanten Attentat auf Elisabeth I. beteiligt gewesen zu sein. Sie wird eingekerkert und 1587 wegen Hochverrats geköpft – ihre letzten Worte an den Henker waren: «Ich hoffe, du machst all meinen Schwierigkeiten ein Ende.»

Paradoxerweise wurde 1603 Marias Sohn Nachfolger von Elisabeth I. und regierte als König Jakob I. von England. Maria Stuart war ein Vehikel für Propaganda weit über ihren Tod hinaus. In «Das Herz der Königin» (1940) propagierten die Nazis die Idee, dass Maria, Königin der Schotten, ein Opfer des englischen Imperialismus war.

James Watt (1736–1819)

James Watt weiss bereits als Teenager, dass er eines Tages Instrumentenbauer werden will. Um das Metier zu lernen, geht der junge Schotte zunächst nach London, um dort eine Lehre anzutreten. Er erweist sich als so geschickt und begabt, dass ihm die Lehre von sieben Jahren auf ein Jahr reduziert wird. Nach seiner Rückkehr nach Glasgow spricht sich sein Talent zwar herum. Aber die Berufskollegen meiden ihn, weil er sein Können ausserhalb der Heimat erworben hat.

Watt weiss sich zu helfen: Statt Maschinen stellt er Musikinstrumente her. Doch dann erhält er einen Auftrag, mit dem er später berühmt wird: Er soll Dampfmaschinen so verbessern, dass deren Betrieb wirtschaftlich wird. Nach langen Versuchsreihen gelingt es Watt, den Dampfverbrauch der Dampfmaschinen zu verringern.

Doch er ist nicht nur ein begabter Mechaniker. Er versteht auch etwas von Public Relations. Um den Kunden den Vorteil seiner Entwicklung verständlich zu machen, erfindet er die heute noch gebräuchliche Masseinheit «Pferdestärke». Watt nutzt dazu Daten aus einem Sägewerk und rechnet aus, dass ein Pferd 33 000 Pfund in einer Minute einen Fuss anheben konnte – und entwickelt so die Masseinheit PS.

John Boyd Dunlop (1840–1921)

Der Tierarzt John Boyd Dunlop kennt die Eigenschaften von Kautschuk. In seiner Praxis konstruiert er Apparaturen, für die er Gummi verwendet. Doch knapp fünfzigjährig, macht er eine Entdeckung, welche die Mobilität revolutioniert. Weil Dunlop nach einer Möglichkeit sucht, um das Dreirad seines Sohnes John im Hinterhof geschmeidiger laufen zu lassen, montiert er einen aufblasbaren Reifen auf eine Holzscheibe. Dann nimmt er das Metallrad des Dreirads und legt eine dünne Schicht von aufgeblasenem Gummi auf die Aussenkante.

Das Ergebnis ist verblüffend. Sowohl das Dreirad als auch später Dunlops Fahrrad rollen bequem und ohne Geräusche über jedes Terrain. Was Dunlop aber nicht weiss: Bereits vierzig Jahren zuvor liess ein schottischer Erfinder einen aufblasbaren Reifen patentieren.

Dass der Name Dunlop bis heute mit dem Gummireifen verbunden ist, hat er seinem Freund Willie Hume zu verdanken. Hume gewinnt mit diesem viele bedeutende Fahrradrennen und macht Dunlops Namen dadurch populär. Dunlop schliesst seine Tierarztpraxis und gründet das Start-up Dunlop Pneumatic Tyre Company, das fast hundert Jahre lang zur Spitzengruppe der Reifenhersteller gehören wird. Heute wird die Marke Dunlop weltweit von mehreren Firmen betrieben, darunter Goodyear und Continental.

James Bond

James Bonds Leinwandinterpret, Sean Connery, war der wahrscheinlich bekannteste Schotte unserer Zeit. Weitgehend unbekannt aber ist, dass Ian Flemings fiktiver Spion kein englischer Gentleman, sondern als waschechter Schotte konzipiert wurde!

Fleming, selbst schottischer Abstammung, hat Bond nach einem Schotten modelliert, Commander Fitzroy Maclean, einem führenden Kommando-Offizier während des Zweiten Weltkriegs. Bond ist in vielerlei Hinsicht eine Allegorie dafür, wie sich die Beziehungen zwischen dem schottischen Geist und der modernen Welt in der Nachkriegszeit entwickelt haben. Er ist von der Abstammung her halb schottisch und halb französisch-schweizerisch. «Das eine Element erklärt sowohl seine puritanische Ader und eiserne Ausdauer», schreibt der Kritiker Kingsley Amis, «während das andere ihn fliessend Französisch und Deutsch sprechen, ihn auf Skiern die Berge hinunterflitzen lässt und ihn als Weinliebhaber und Feinschmecker ausweist.»

Dennoch teilt Bond mit Generationen von Schotten Ehre und Last, als Untertan des Empires seine Meriten zu verdienen.

Alexander Fleming (1881–1955)

Als der Bakteriologe Alexander Fleming im Herbst 1928 aus den Ferien in sein Labor zurückkehrt, muss er zunächst aufräumen. Beim Ausmisten stösst er auf eine Petrischale mit einer verschimmelten Bakterienkultur, die er vor seiner Abreise auf dem Labortisch übersehen und ungereinigt mit einem Krankheitserreger hatte liegen lassen. Dabei fällt ihm auf, dass während seiner Abwesenheit eine kleine Menge grüner Schimmelpilze die Bakterien zerstört hat. Flugs macht er sich daran, die bakterientötende Substanz aus dem Schimmel zu extrahieren – und nennt sie Penicillin.

Der experimentelle Durchbruch gelingt ihm zwar, aber die Mengen sind noch zu gering, um in grossem Stil angewandt zu werden. Das ändert sich erst während des Zweiten Weltkriegs, als zwei Wissenschaftlern die Massenproduktion von Penicillin gelingt. Seither hat das Wundermittel – ein Meilenstein für die Pharmabranche des 20. Jahrhunderts – unzählige Menschenleben gerettet. Doch Fleming, der 1945 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wird, bleibt zeitlebens bescheiden. Er habe Penicillin nicht erfunden, sondern die Natur, sagt er einmal, er habe es nur durch Zufall entdeckt.

Golfplatz «Old Course», St Andrews

Haben Sie gewusst, dass die Schotten auch das Golfspiel erfunden haben? Klar, die Niederländer bestreiten dies und rufen Etymologen in den Zeugenstand, die beteuern, das Wort «Golf» sei vom niederländischen «kolv» für «Schläger» entlehnt. Die Mehrheitsmeinung der Golfhistoriker jedoch besagt, dass das erste Golfspiel auf dem mythischen «Old Course» von St Andrews stattgefunden habe.

Hier an Schottlands Ostküste wird 1413 die erste Universität des Landes gegründet, und Studenten machen das Spiel mit Ball und Schläger populär. So populär, dass die Menschen das Üben mit Pfeil und Bogen vernachlässigen, worauf die Autorität einschreiten muss. 1457 wird Golfspielen per Gesetz verboten. Die Schotten indessen scheren sich einen Deut um das Gesetz und spielen munter weiter.

Anfang des 16. Jahrhunderts verfällt auch James IV., König von Schottland, dem Golfspiel. Seine Grosstochter Mary, später Königin von Schottland, bringt das famose Ballspektakel nach Frankreich, wo sie die Schulbank drückt. All das ist verbrieft. Ebenso, dass sich Prinz William und Kate an der Universität St Andrews gefunden haben. Nicht auf dem Golf Court allerdings, sondern auf dem Tennisplatz.

Adam Smith (1723–1790)

Der Ahnherr der Ökonomie als Wissenschaft ist von klein auf kränklich und schüchtern. Zeitgenossen beschreiben ihn als «Kauz», der bis ins 60. Altersjahr bei seiner Mutter lebt. Die zurückgezogene Lebensart beeinflusst seine Beiträge für die Ökonomie. Sein Opus magnum «Wohlstand der Nationen» – bis heute Pflichtlektüre für Studenten der Volkswirtschaftslehre – reflektiert das individualistische Weltbild des Schotten. Wenn jeder bei seinem Handeln seinen eigenen Nutzen und Wohlstand verfolge, gehe es der Gesamtheit der Menschen am besten.

Eigennütziges Handeln führe zu einer Maximierung des Allgemeinwohls. Gegenüber dem Staat ist Smith misstrauisch. Keine Kunst lerne eine Regierung schneller als die, «Geld aus den Taschen der Leute zu ziehen» – ein Satz, der nichts an Aktualität eingebüsst hat. Der Einfluss des Staates sei deshalb auf ein Minimum zu beschränken, schreibt der Urvater der Ökonomie in seinem fast tausendseitigen Werk, das eine Kampfansage an die damals vorherrschende Staatsgläubigkeit ist. Smith gehört damit zu den ersten Verfechtern der freien Marktwirtschaft. Für das ungestörte Spiel von Angebot und Nachfrage benutzt er eine Metapher, die auch zwei Jahrhunderte später verstanden wird: die «unsichtbare Hand» des Marktes.

Sandford Fleming (1827–1915)

Wer die Flügel ausbreitet und in die Ferne schweift, wie die Schotten es im 19. Jahrhundert scharenweise tun, der stösst bisweilen an Grenzen. An die Grenzen der Zeit namentlich. Sandford Fleming, ein Vermessungsspezialist aus dem schottischen Kirkcaldy im Dienst der kanadischen Eisenbahn, sieht sich beim Bau der letzten Etappe des transkontinentalen Schienennetzes mit einem Problem konfrontiert, an dem das gesamte Projekt zu scheitern droht: Kanadas Uhren. Uhren werden nach dem jeweils örtlichen Sonnenstand gestellt. Folglich hat man zur selben Zeit von Ort zu Ort verschiedene Uhrzeiten.

Um Ordnung im Fahrplan zu schaffen, hat Fleming folgende Idee: Er nimmt eine Weltkarte zur Hand und teilt sie in 24 verschiedene Zeitzonen ein. In einem beeindruckenden Alleingang setzt er sich für weltweit einheitliche Zeitzonen, einen Nullmeridian und die Verwendung der 24-Stunden-Uhr ein – und legt damit den Grundstein für reibungsloses Reisen und Kommunizieren in einer globalisierten Welt.

Quelle: Arthur Herman, «How the Scots Invented the Modern World», 2022.