Haralampi G. Oroschakoff – der Name sagt Ihnen nichts? Das könnte ein Versäumnis sein. Der 1955 in Sofia geborene, in Wien aufgewachsene, lange in München ansässige und heute zwischen Berlin und der Côte d’Azur pendelnde Maler, Autor und Polyhistor war seit den achtziger Jahren auf allen wichtigen Messen vertreten, aber verschwand auch einmal, um sich fünf Jahre lang in die Geschichte des Balkans zu versenken.

Sein Markenzeichen als Maler ist, dass er keines hat; was im heutigen Kunstbetrieb einen merkantilen Nachteil bedeutet. Wenn es doch eines gäbe, wäre es Oroschakoffs Drang, das Jüngere mit dem Älteren zu befruchten: «West-östlicher Divan» auch in der Malerei. Byzanz und Factory. Ikone und Beuys. Sein inzwischen selbst ikonisches «Doppelkreuz» ist der symbol- und bildgewordene Ausdruck dieses Synthese-Experiments.

Jetzt hat Oroschakoff seine Erinnerungen vorgelegt, «Das Lächeln des Emigranten». Es ist ein Zeitroman und Lebensbuch, das viele Generationen und Milieus überspannt, mit unvergesslichen Szenen und Einblicken in die tiefe Geschichte und das Flirren des Zeitgeists, ein Roman über den Vater, über die kleinen und grossen Fluchten und das ewige innere Exil. Kein Talkshow-Gast, kein Marktschreier. Ein Autor, der mit Worten malt und, vielleicht donquichottesk, gegen den Zeitgeist ficht. Ein letzter Ritter der Geistesaristokratie? Ein tragisch-fröhlicher Dandy, ein durch den Dunst der Moden sich kämpfender Lebenskünstler? Jedenfalls ein Solitär.

Der deutsche Literaturkritiker und Essayist Michael Maar («Die Schlange im Wolfspelz – Das Geheimnis grosser Literatur») traf Haralampi G. Oroschakoff zum grossen Gespräch. Wir dokumentieren diesen Austausch auf den folgenden Seiten. Wer sich nach der Lektüre näher mit Oroschakoffs Werk befassen will: Seine Einzelausstellung «Visages des frontières» im Musée des explorations du monde in Cannes ist noch bis am 29. Mai zu sehen.