Die Geschichte des «Kadeau» beginnt in Bornholm, der «östlichsten Insel und ­Gemeinde Dänemarks» (Wikipedia). Nicolai Nørregaard, der seine Berufsbezeichnung mit «glücklicher Küchenchef» angibt, eröffnete mit Freunden ein kleines Restaurant, das sich fast gezwungenermassen aus Produkten speiste, die auf der Insel und darum herum wuchsen. Ein weiteres Beispiel anregender skandinavischer Küche (vgl. Weltwoche Nr. 10/16), die nicht zuletzt auf der Kunst des Haltbarmachens (Fermentieren, Einlegen u. a. m.) beruht.

Die Geschichten des Lebens brachten Nørregaard nach Kopenhagen, wo er ein weiteres ­«Kadeau» eröffnet hat, das heute an einem wirklich besonderen Ort zu Hause ist. Zusammen mit dem dänischen Familienunternehmen Dinesen, das sich seit 1889 den Ruf erworben hat, herausragende Fähigkeiten im Bereich der Holzverarbeitung zu haben, entstand ein Restaurant mit einer offenen Holzküche, wo sieben Köche für maximal 28 Gäste zwanzig kleine ­Gerichte pro Abend zubereiten. Handwerkliche Kunst und Feinheiten findet man überall: von den Visitenkarten aus Büttenpapier bis zu den geschmiedeten Serviettenringen. Im «Kadeau» (Finnisch für «Respekt bezeugen») wird ge­gessen, als wäre man bei jemandem privat zum Essen eingeladen. Beide «Kadeau»-Filialen sind mittlerweile mit einem Michelin-Stern aus­gezeichnet.

Das Konzept mag noch so stimmig sein, die ­Inneneinrichtung noch so geschmackvoll – am Ende interessiert uns die Qualität der Gerichte. Und hier zeigt sich, dass grosse tasting menus anfällig sind. Im «Kadeau» ist längst nicht jeder Gang so gut, dass man ihn unbedingt servieren müsste. Sehr gut ist eine Schwertmuschelsuppe mit Algen und Pilzen, die durch ihr Umami-­Moment, den feinen Fisch­geschmack und die leichte Süsse überzeugt. Oder das Millefeuille aus ­Karotten, Kohlrabi und Randen, fermentierten Stachelbeeren, Kamille und fermentiertem Tomatensaft, der den vergangenen dänischen Spätsommer zurückbringt. Die Säure wird durch das Fett von Frischkäse harmonisiert. Ambitioniert, aber weniger harmonisch wirkt das grosse Kohlblatt, in das eine ausgelöste Auster eingeschlagen ist. Deren Aroma wird von den dominierenden Kohlnoten versenkt, was auch die spannende Kombination mit einer ­Eiweiss-Austerwasser-Creme und eingelegten unreifen Erdbeeren nicht verhindern kann.

Trotz der zwei, drei nicht ganz überzeugenden Gerichte ist das «Kadeau» einen Besuch wert. Es gehört zu einer ganzen Reihe von Restaurants, die Kopenhagen zu einer der interessantesten food cities Europas machen.

Restaurant «Kadeau», Wildersgade 10b, Kopenhagen. Tel. +45 33 25 22 23
Sonntags und montags geschlossen.

Ausführliche Besprechung des Menüs auf www.dasfilet.ch