Lieber . . .» - so beginnt jeweils Ihre wöchentliche Briefpost in der Sonntagszeitung, lieber Peter Rothenbühler. Sie reden zu, mahnen, loben. Immer als väterlicher Ratgeber. Mal freundlich im Ton. Mal bestimmt. Mal besorgt. «Lieber Pascal Couchepin . . .», «Lieber Samuel Schmid . . .», «Lieber Roland Nef . . .». Immer nahe am Menschen. Ganz nah dran.

Nun waren Sie, liebster Peter Rothenbühler, Gast in der letzten «Arena». Es ging um die schweizerische Aussenpolitik. Das heisst, es ging eigentlich um Bundesrätin Micheline Calmy-Rey, die sich selber mit der schweizerischen Aussenpolitik verwechselt. Da standen Sie also vorne im Dreieck, allerliebster Peter Rothenbühler. Ganz nah dran. «Die Kopftuch-Geschichte», hörten wir Sie sagen, «ist eine alte Geschichte.» Die Aussenministerin sei «bewusst» und «mit schlechtem Willen» falsch interpretiert worden, interpretierte Peter Rothenbühler - ebenfalls bewusst, aber mit bestem Willen. In welcher Funktion, möchte man gerne erfahren, waren Sie für die Diskussion engagiert worden? Als Pressesprecher des EDA? Als angegrauter Charmeur? Als Rosenkavalier?

Sie zwitscherten von «neuem Stil». Sie flöteten von «Mut» und «Profil». Dann plätscherte die Sendung auf ihren Höhepunkt zu: Calmy-Rey sprach über die Prioritäten ihrer Aussenpolitik. Was konkret darauf hinauslief, dass die Ministerin ihr auswendig gelerntes Referat vortrug wie eine fleissige Mittelschülerin. Drei Minuten 45 Sekunden. Handgestoppt. In dieser Zeit läuft Usain Bolt 23-mal die 100 Meter. Und Sie, mein herzallerliebster Peter Rothenbühler? Sie bereiteten weiter Ihr verbales Schaumbad zu: «Ich finde es gut, dass Micheline Calmy-Rey ihre Aussenpolitik erklärt.» Wirklich? Politiker, die damit beschäftigt sind, ihre Politik zu erklären, machen die falsche Politik. Darin unterscheiden sie sich nicht von schlechten Journalisten. Das weiss auch der Chefredaktor Rothenbühler. Oder möchten Sie in Ihrer Zeitung Journalisten, die sich andauernd selber erklären müssen?

«Ich bin absolut glücklich, dass wir eine Aussenministerin haben, die der Schweiz ein Gesicht gegeben hat.» Mit diesen Worten endeten Ihr Auftritt und der Schweizer Politjournalismus als ernsthafte Grösse. Lieber Peter Rothenbühler: Wer zu nahe rangeht, bleibt nicht selten kleben.

Der Autor ist Historiker und SVP-Nationalrat.