Er betrat die Bühne seines Wirkens als Armeeseelsorger mit einem Paukenschlag: Hauptmann Muris Begovic kniete neben der Bataillonsfahne, während sich hinter ihm sechzehn muslimische Wehrmänner gegen Mekka verneigten. Die Szene geschah zu Beginn des islamischen Opferfestes im Beisein von Kameraden in militärischer Formation. Das wirkungsmächtige Gebet beim Schützenbataillon 6 sollte zeigen: Die muslimische Minderheit und deren Glaube können problemlos in den Militärdienst integriert werden.

Märtyrertod fürs Vaterland

Autorin Saïda Keller-Messahli sieht es kritischer: «Im Islam wird in der Moschee oder in der Wohnung gebetet. Ein solches Gebet im öffentlichen Raum unter freiem Himmel hat wenig mit Spiritualität, aber viel mit Politik zu tun.» Die bekannte Islamkritikerin sieht im so zelebrierten Gebet einen «triumphierenden Gestus», der die politische Botschaft vermitteln soll: «Seht her, wir leben unseren Glauben im öffentlichen Raum, und ihr könnt nichts dagegen tun.» Solche Bilder würden in der Folge rasch auch auf dem Balkan die Runde machen. Tatsächlich haben albanischsprachige Medien das Ereignis inklusive Illustrationen bereits breitgewalzt.

«Als Muslime müssen wir eine Gewissheit haben, nämlich, dass der Islam triumphieren wird.»

Ähnlich kritisch äussert sich die Berliner Rechtsanwältin Seyran Ates, Trägerin zweier Bundesverdienstkreuze und Mitbegründerin der liberalen Ibn-Rushd-Goethe-Moschee: «Wenn ich mich nicht täusche, dann werden christliche oder jüdische Gebete in der Schweizer Armee nicht in dem Masse öffentlich durchgeführt. Es schockiert mich, dass Soldaten ihre Religion derart in den Vordergrund und zur Schau stellen. Sinn und Zweck einer Armee ist meines Erachtens, das Land, die Heimat, das Volk zu schützen. Der objektive Betrachter sieht eine Gruppe, die sich von der anderen Gruppe absetzt. Mir machen solche Entwicklungen grosse Sorge.»

Als erster Imam der Schweizer Armee amtet der gebürtige Bosnier Muris Begovic. Der 42-Jährige ist Geschäftsführer der Vereinigung der Islamischen Organisationen in Zürich (VIOZ). Deren Gründer war 1995 der aus Ägypten stammende Ismail Amin, der zuvor auch die Stiftung Islamische Gemeinschaft Zürich mitbegründet hatte. Deren Statuten unterzeichnete ebenfalls Mohamed Mansour, den die EU 2002 auf eine Liste von Personen gesetzt hatte, «die mit Osama Bin Laden, dem Al-Qaida-Netzwerk und den Taliban in Verbindung stehen». Weiter unterzeichnete Hassan Abu Yusuf, der der radikalen Muslimbruderschaft angehört. Präsident der Stiftung Islamische Gemeinschaft Zürich ist der aus Algerien stammende Physiker Abdelouahab Dehbi, der sagt: «Als Muslime müssen wir eine Gewissheit haben, nämlich, dass der Islam triumphieren wird. Der Triumph des Islam wird nach den unveränderlichen Regeln (Sunan) erfolgen, die von Allah herausgegeben wurden.»

Der erste islamische Armeeseelsorger Muris Begovic dürfte genau wissen, dass die meisten bosnischstämmigen Imame der Schweiz der islamistischen Muslimbruderschaft verbunden sind. Er bekundet kaum Berührungsängste mit entsprechenden Imamen, die Teil seiner Vereinigung VIOZ sind und gerne radikale Prediger aus dem Ausland einladen. So tritt Begovic etwa gemeinsam mit Bashkim Aliu auf. Der Tages-Anzeiger hat aufgezeigt, dass der Imam von Wetzikon den Märtyrertod fürs Vaterland feiere, «wie die Helden der UCK, die ihr Leben für das Kosovo hingegeben haben». Ferit Zeqiri, Imam von Regensdorf, stellt den Islam als beständiges Opfer dar. Auch Imam Nebi Rexhepi von Zürich Altstetten ist Organisator von Konferenzen mit salafistischen, ultrakonservativen Kollegen aus Mazedonien und dem Kosovo. Ebenso predigten in Wallisellen und Bülach extremistische Salafisten. Kritikerin Saïda Keller-Messahli meint: «Muris Begovic deckt viele radikale Imame, die Mitglieder seiner Vereinigung sind.»

Jacqueline Fehrs Vertrauen

Dennoch geniesst die kantonale Dachorganisation dieser Moscheen mit dem Geschäftsführer und Armeeseelsorger Muris Begovic das volle Vertrauen der zuständigen Regierungsrätin Jacqueline Fehr (SP). Sie hat Saïda Keller-Messahli die kritischen Dschihadismus-Kurse für das Strafvollzugspersonal entzogen, besorgte dafür eine halbe Million Franken aus dem Lotteriefonds für den Aufbau einer muslimischen Notfallseelsorge. Das entsprechende Kursdiplom nahm laut 20 Minuten in Ganzkörperverschleierung auch eine Aktivistin des umstrittenen Islamischen Zentralrats Schweiz entgegen. Als Verantwortlicher für das Projekt zeichnete Muris Begovic, erster Imam der Schweizer Armee. Er war für die Weltwoche nicht erreichbar, äussert sich aber zu seiner Funktion so: «Mit meinem Dienst möchte ich der Gesellschaft auch etwas zurückgeben und mit meinem Dienst zum religiösen Frieden, gegenseitigen Verständnis, dem Dialog und der Einheit in der Vielfalt beitragen.»