Levina, 26, eine Frau à la Helene Fischer, wird Deutschland am Eurovision Song Contest vertreten. Im Musikvideo zu «Perfect Life» wird ihr Unterarm-Tattoo inszeniert. In schnörkeliger Schrift steht da «Plan A» – was auf ihre Karriere verweist. Ein Plan B komme nicht in Frage. Vielleicht nicht so sympathisch, aber ehrgeizig.
Levinas Körperkunst ist noch aus einem anderen Grund zeitgemäss. Viele Jugendliche tragen wieder Tattoos, aber nur in Grössen und an Stellen, die man gut kaschieren kann. Mediale Exponenten der Millennials wie Chloë Moretz oder Bella Hadid machen es vor. Letztere hat sich im Januar zwei winzige Engelsflügelchen am Fuss stechen lassen. Kaum sichtbar, die angesagten tiny tattoos – aber es reicht für einen Beitrag auf der Fotoplattform Instagram.
Das Ganze scheint verklemmt. Als würde man sich rebellisch darstellen wollen, aber eben bloss, soweit es niemanden stört. Man muss ja auch konsensfähig bleiben. Aber so eine Teilzeitrebellion – was ist die wert? Modisch ist die Rebellion light gefragt, auch wenn schleierhaft bleibt, was am Nagellack mit Namen «Rebel Blue» oder an den absichtlich demolierten Ripped Jeans aufmüpfig sein soll. Vielleicht will man sich interessanter machen, als man ist.
Bestes Beispiel: Miley Cyrus. Bei ihrem Song «We Can’t Stop» wurde über eine Liedzeile gerätselt: Hiess es da «Dancing with Miley» oder «Dancing with Molly»? Letzteres wäre eine Anspielung auf den Konsum der Droge MDMA. Cyrus meinte, da habe man sich verhört, das liege an ihrem Akzent. Später liess sie verlauten, es gehe vielleicht doch um MDMA. Am Ende durfte man es verstehen, wie man wollte. Gute Promotion war es alleweil.
Wie es scheint, ist die Rebellion der Jugend von der ernsthaften Antithese zur Erwachsenengesellschaft zum Marketing-Gag verkommen. Wäre interessant, zu erfahren, was Levina dazu denkt. Oder . . . vielleicht auch nicht.
Anton Beck, 20, ist Autor des Romans «o Jugend».Van Eck Verlag. 163 S., Fr. 26.30