Mit dem neuen EQE SUV versachlicht Mercedes seine Strategie des nachhaltigen Luxus um ein weiteres Modell. Der Weltkonzern mit über 130 Jahren Geschichte will sich künftig auf «die Spitze des Marktes» konzentrieren und dort «Spitzentechnologie» anbieten. Die Marketingabteilung des Stuttgarter Herstellers hat diesen Zukunftsplan in gewohnt selbstbewusster Art in den Satz «Unser Ziel: Wir bauen die begehrenswertesten Autos der Welt» verdichtet.

Der EQE SUV 350 4Matic, der mir in einer eleganten Lackierung («Smaragdgrün Metallic») zur Verfügung gestellt wird, passt zweifellos in die Luxusstrategie «vom Daimler», wie man in Stuttgart sagen würde. Das Auto ist wie andere Modelle der EQ-Reihe konsequent nach dem «Form follows function»-Prinzip gezeichnet worden, die fliessenden Formen und aufwendige aerodynamische Detailmassnahmen sorgen für eine überraschend hohe Effizienz. Dazu gehören etwa neuartige, zum Patent angemeldete Radspoiler vor der Vorderachse. Nach einigen Tagen Test pendelt sich der Verbrauch bei 20 bis 21 kWh auf 100 Kilometer ein, was für ein SUV dieser Grösse und das notorisch hohe Gewicht bei Elektroautos – in diesem Fall 2550 Kilogramm – ein hervorragender Wert ist.

Mit seiner Luftfederung, der Hinterachslenkung, die mit einem Lenkwinkel von bis zu zehn Grad den Wendekreis von 12,5 auf 10,7 Meter reduziert, und der aufwendigen Geräuschdämmung ist der EQE SUV ein grosses, komfortables, dabei aber überraschend agiles geräumiges Fahrzeug. Weil selbst die geräuschoptimierten Reifen mit Schaumabsorber für ausserordentliche Stille auf allen Wegen sorgen, fällt umso mehr auf, dass der Lüfter für die Sitzkühlung überraschend gut zu hören ist, wobei es sich hierbei natürlich um ein klassisches first world-Problem handelt.

Bei Elektroautos kommt der Software allerdings mindestens so viel Bedeutung zu wie der Hardware aus Stahl, Kunststoff und Aluminium. In dieser Disziplin wird Mercedes seinem eigenen Anspruch der Innovationsführerschaft zweifellos gerecht. Auf einer Fahrt von Zürich nach Rougemont und zurück berechnet das System zuverlässig einen Ladestopp von wenigen Minuten an einer Schnellladesäule von Ionity auf der Raststätte Grauholz, wo ich mit noch 10 Prozent Batterie-Kapazität ankomme und 35 Minuten später, nach je einem Stück Quiche und Rhabarberwähe, mit 62,125 kWh mehr Strom in der Batterie weiterfahren kann. Der EQE SUV kann mit bis zu 170 kW laden, das ist eine weitere, ausgezeichnete Kennzahl. Am Schnelllader fällt allerdings auch auf, dass Elektromobilität zunehmend teurer wird, was wohl auch eine Folge der volatil gewordenen Stromversorgung sein dürfte. Fr. 49.08 Energiekosten für rund 300 Kilometer Fahrt sind wohl ein luxuriöser Wert. Aber keiner, über den man als Mercedes-Fahrer länger nachdenkt.

EQE 350 4Matic SUV

Motor/Antrieb: 2 Elektromotoren, Allradantrieb, 1-Gang-Getriebe; Leistung: 215 kW / 292 PS; max. Drehmoment: 765 Nm; Lithium-Batterie: 90,6 kWh (netto); Ladeleistung (DC): 170 kW; Beschleunigung (0–100 km/h): 6,6 sec; Höchstgeschwindigkeit: 210 km/h; Reichweite (WLTP): max. 551 km; Verbrauch: 22,4 kWh / 100 km; Preis: ab Fr. 106 800.–; Testwagen: Fr. 136 439.–