Vergangene Woche machten in Deutschland entblösste Brüste Schlagzeilen. In Göttingen dürfen alle Badegäste in Schwimmbädern neuerdings oben ohne baden. Laut Nürnberger Nachrichten sei das eine Testphase, die Oberkörperbekleidung darf aber nur am Wochenende abgelegt werden. Zustande kam die Regeländerung, weil vergangenen Sommer eine nonbinäre Person ihre Badefreuden ohne Bikini-Oberteil geniessen wollte und deswegen aus dem Schwimmbad verwiesen wurde. Selbstverständlich sind das beste Voraussetzungen für die kultivierten Experten des Genderismus, das Diskriminierungsthema wieder einmal zu beleben. Auch feministischen Schweizer Politikerinnen, die bei jedem Gefälle zwischen Mann und Frau eine Verschwörung des Patriarchats wittern, kommt der Streit gelegen; man kann sich dazu äussern, wenn man kein anderes Thema hat, um in die Schlagzeilen zu kommen.
«Gleiche Brust für alle!» findet das feministische Göttinger Bündnis, dem der nonbinäre Badegast angehört und das geholfen hat, das Recht auf «oben ohne» im Schwimmbad durchzusetzen. Wo es Männern gestattet ist, ihren Oberkörper zu zeigen, sollten es Frauen auch dürfen, alles andere sei Diskriminierung. Andere wiederum missbilligen diese Haltung, mit unverhüllten Brüsten würde Sexualität zur Schau gestellt, das sei im Schwimmbad nicht angemessen. Es gibt auch Menschen, die halten es aus ästhetischen oder religiösen Gründen für problematisch, fühlen sich bei dem nackten Anblick unwohl. Rechtlich sieht es so aus: Der Schwimmbad-Betreiber kann die Regeln nach seinem Ermessen bestimmen. Oben ohne in der Badeanstalt erlauben ist vermutlich keine Handlung, die die Allgemeinheit grob belästigt oder die öffentliche Ordnung beeinträchtigt.
Angesichts des Mediensturms zu der Thematik kommt man unweigerlich zu dem Schluss: Unfreie Brüste in der Badi sind offenbar ein gigantisches gesellschaftliches Problem. Mir war gar nicht klar, dass so viele Frauen (und alle anderen) das dringende Bedürfnis verspüren, ihren Brüsten Textilfreiheit zu schenken, und ihr Leben in Schieflage gerät, wenn das nicht möglich ist. Ich selbst sehe mich im Schwimmbad nicht obenrum nackt liegen oder herummarschieren, einer Umgebung auf engem Raum, wo sich alle kennen, vorbei am Kollegen aus Schultagen und seinem Blick aus Scham, Überraschung und vielleicht Anerkennung oder an der Mutter der besten Freundin. So wichtig sind meinen Brüsten Freiheitsgefühle und mir Bikinistreifen nicht – aber ich bin auch nicht der Sünneler-Typ; meine Haut ist so weiss, dass selbst die Sonne davon geblendet ist. Aber das ist nur meine Einstellung. Wenn Menschen in der Badeanstalt obenrum unbedeckt liegen möchten, ist dagegen nichts einzuwenden.
Ein paar Argumente des Feministenkomitees können jedoch nicht unwidersprochen bleiben. Eines geht so: Der weibliche Körper müsse für eine Gleichstellung der Geschlechter entsexualisiert werden. Wieso? Ja, etwas weniger Verkrampftheit in Sachen Nacktheit täte manchen gut, aber sexualisierte Körper sind nicht zwingend etwas Schlechtes, solange jemand nicht auf seine Sexualität reduziert oder dafür missbraucht wird. Massenweise Frauen sexualisieren ihre Körper, stellen sie selbstbestimmt zur Schau, um erfolgreich zu sein; Popsängerinnen, Models, Influencerinnen machen es vor – und die Damenwelt tut es ihren Identifikationsfiguren nach. Ich höre keinen Aufschrei von den Gender-Bewegten, dass Gigi Hadid oder Beyoncé ihre Sexualität nicht mehr einsetzen sollen, weil das für die Gleichstellung der Geschlechter schädigende Auswirkungen habe.
Eine Frauenbrust sei das Gleiche wie eine Männerbrust, so eine weitere Bemerkung, ergo würde eine Frau ungleich behandelt, wenn sie sie bedecken muss. Das sind diese Denkmuster, wo man nicht weiss, wo beginnen, und auch die nötige Geduld dazu nicht immer aufbringt. Ich mach’s darum kurz: Nein. Eine Frauenbrust ist nicht dasselbe wie eine Männerbrust – und wir sollten aufhören, so zu tun, als gäbe es keine Unterschiede zwischen weiblichen (Brust) und männlichen (Bartwuchs) sekundären Geschlechtsmerkmalen oder generell zwischen Männern und Frauen. Forderungen wie «Gleiche Brust für alle» sind ja eigentlich die logische Konsequenz, wenn man die Evolutionsbiologie einfach mal so über Bord kippt.
Und noch was: Wenn alle Brüste gleich sind und gleicher Behandlung unterliegen, müsste es dann nicht auch okay sein, beide gleichermassen hingebungsvoll anzustarren? Aber, da sind sie sich ja einig, hingucken ist nur bei den Damen verboten. Wie gesagt, nichts gegen Entblössung, wer sich aber exponiert, sollte dann auch mit Reaktionen klarkommen, etwa wenn frisch pubertierende Teenager Stielaugen kriegen. Oben ohne ist deine Freiheit – auf nackte Dinge zu blicken, ist die Freiheit der anderen.
Natürlich sind wir alle geprägt von gesellschaftlichem Konformismus, und vielleicht betrachten wir Brüste in hundert Jahren komplett anders. Aber «Gleiche Brust für alle» verträgt sich nicht mit 2022, und letztlich kann man einer Gesellschaft nicht verordnen, wie sie Dinge sehen soll.
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Wenn es darum geht, die Kopfhaarpracht muslimischer Frauen von Kopftuch und Burka zu befreien, sind die Feministinnen erstaunlicherweise weniger kämpferisch. Warum wohl?
Muslimische Männer dürfen ihren unverhüllten Kopf zeigen, muslimische Frauen nicht. Die Linken finden das gut. Geht irgendwie mit entblössten Brüsten nicht auf.
Liebe Frau Wernli, Ihr Beitrag ist grossartig; wie immer! Ich lese Ihre Texte mit grossem Vergnügen. Danke!
Immer wenn ich Frau Wernlis Texte lese, denke ich, dass gottlob die Mehrheit der Frauen noch keine Funicellos sind.
Wie kann man nur den Satz lostreten “eine Frauenbrust ist das selbe wie eine Männerbrust”? Kommt als Nächstes “eine Vagina ist das selbe ist wie ein Penis”?
Eine "nonbinäre" Person? Was soll das den sein? Anhänger der Analogtechnik? Schallplatten?
Meine Frau hat schon in und seit den 60er Jahren ihr Bikini-Oberteil in Badeanstalten und Hotelbädern ausgezogen, und zwar nicht weil sie dadurch irgend etwas kundtun, sondern lediglich weil sie sich bräunen wollte – und es führte zu keinerlei Kommentaren oder irgendwelchen sonstigen Interventionen, und sie war auch nicht allein damit. Sie tat es allerdings nicht ostentativ, weil ihr alles Ostentative – als vulgär – ohnehin zuwider war. Heute dagegen kommt es lediglich auf dieses an.
Sehr einfach, weil die Vorstellung meist besser ist al die Realität.
Muslimische Männer dürfen ihren unverhüllten Kopf zeigen, muslimische Frauen nicht. Die Linken finden das gut. Geht irgendwie mit entblössten Brüsten nicht auf.
Die Scharia kommt mit in kleinen Veränderungen. Man spricht Gender, erlässt jedoch, vordergründig zum Schutze heuchlerischer Ansichten, neue Regeln. Wenn ich als Mann, mich in der Sache, "Geschichte des Feminismus" besser auskenne als gleichaltrige Frauen, verdienen sie es möglicherweise nicht anders.
Wie kann man nur den Satz lostreten “eine Frauenbrust ist das selbe wie eine Männerbrust”? Kommt als Nächstes “eine Vagina ist das selbe ist wie ein Penis”?
Lieber pethommen,
es tut mir wirklich leid, Ihnen sagen zu müssen, dass wir schon dort sind.
Im Jugendformat Funk des öffentlich rechtlichen in Deutschland wurden zum Beispiel die Worte (ich will nicht Begriffe schreiben, weil diese Menschen nichts Begriffen haben), "Vorderloch" für Vagina und "Menschen mit kurzer Harnröhre" für Frauen benutzt, damit sie gerade "inklusiv" sind. Schneidet man sich etwas ab, kann man auch Frau sein. Ich finde das erschreckend.
„Ich bezweifle immer mehr, dass diese ganzen Sachen, mit denen Frauen Probleme haben, von den Männern kommen, wie das der Feminismus gerne behauptet. Entweder sie machen sich die Probleme selber oder sie werden dazu von ihren Müttern erzogen.“ — Charlotte Roche
Quelle: https://beruhmte-zitate.de/zitate/1976972-charlotte-roche-ich-bezweifle-immer-mehr-dass-diese-ganzen-sachen/
Man hört nicht auf, um sich zu beissen. Da kommen so Wesende unter Leitung der Funicellistin mit hohlen Forderungen. Selbst wenn sie könnten,würden sie jene Frauen vor ca. 80 Jahren nicht fragen, ob sie sich an ihrer „oben-ohne-Freiheit“ gefreut haben, als sie nackt in Richtung Öfen getrieben wurden. Zugegeben, keine nahe Analogie. Aber ist doch wahr, solch verdrehte Forderungen können nur aus einer Hirnerweichung stammen.
Also 99% der Brüste sollten verpackt bleiben.
Die wären viel schöner anzusehen und für echte Männer auch schöner zu entdecken. Kommt dazu, daß es Mode ist, das tägliche treiben der Frauen als das Marzilli zu verwechseln. Das ganz unestätisch.
Mon Dieu, da kann ich Ihnen nur zustimmen. Vor allem bei der irren Attraktivität militanter Genderismusapologetinnen. Beim Gedanken, Leute wie Badran, Funicello oder die Klavierlehrerin im Bundesrat oben ohne sehen zu müssen, wird mir als Frau innert Sekunden speiübel. Und bei der Vorstellung, dass der Anblick solcher "Frauen" Männern zugemutet wird, schäme ich mich wie der vielzitierte begossene Pudel. - Erstaunlich, welch drittklassige Luxusdebatten sich diese dekadente Gesellschaft leistet.
Oh, der miggeli1 hat auch zu diesem Thema eine Meinung. Kurz, prägnant, böse. Aber diesmal sogar ein bisschen wahr (sorry to say so). Um den Frauen Gendergerechtigkeit zukommen zu lassen, ergänze ich allerdings: männliche (Bier-)Bäuche, egal wie der Prozentsatz aussieht, sollten dem Verhüllungszwang auch unterstehen. Einverstanden?
In den letzten 7 Jahren hat sich allerdings auch die Prüderie wieder verbreitet, und zwar auch wegen den vielen Stielaugen, die explizit auf der Suche nach "Nacktheit" die Strände auf und ab laufen.
Deshalb finde ich diese Aussage überhaupt nicht gut:
"...wer sich aber exponiert, sollte dann auch mit Reaktionen klarkommen," NEIN muss man nicht !
Wenn Kopftuch ablegen schon Exhibitionismus sein kann, sollte man hier Gegensteuer geben.
Nur deshalb finde ich diese Aktion gut.
Ein neues Beispiel:
https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/bayern-aus-ruecksicht-vor-anderen-kulturen-verbietet-schule-maedchen-kurze-kleider/
Gehört nun das auch schon unter den Begriff "Exponieren" ? Müssen diese jungen Frauen mit den Reaktionen klarkommen ? Also selber schuld, wenn sie angepöbelt werden ?
Immer wenn ich Frau Wernlis Texte lese, denke ich, dass gottlob die Mehrheit der Frauen noch keine Funicellos sind.
Liebe Frau Wernli, Ihr Beitrag ist grossartig; wie immer! Ich lese Ihre Texte mit grossem Vergnügen. Danke!
Ich hoffe einfach, die Frauen lassen sich nicht zu fest unter Druck setzen, weil sie meinen als prüde durchzugehen, wenn sie nicht oben ohne sind. Man sieht zur genüge solche, die sich äußerst unwohl fühlen in den oft sehr sehr knappen Bikinis.
Wir kehren in die Siebziger zurück. Als Physiker erinnere ich daran, dass es die Gravitation war, die jene Phase beendete.
Im Rahmen der Ästhetik erfordern etwa 90% der weiblichen Brüste einen guten, erleichternden BH. Mindestens hier wissen die Frauen, was Gravität fordert. Das ist auch der Grund, warum die Oben-Ohne-Welle früherer Tage alsbald versandete. Der jetzigen wird es ebenso gehen.
Alles Quatsch, um das Gesetz der Schwerkraft zu entdecken, braucht es keinen Brustpanzer.
Dann werden uns diesen Sommer einige Strafrechts-Experten wohl öfter mal erklären wollen, dass "Nein!" - besonders, wenn es geschrieen wird - ganz ähnlich tönt wie "Ja, gern!" auf Arabisch.
Wenn es darum geht, die Kopfhaarpracht muslimischer Frauen von Kopftuch und Burka zu befreien, sind die Feministinnen erstaunlicherweise weniger kämpferisch. Warum wohl?
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Eine "nonbinäre" Person? Was soll das den sein? Anhänger der Analogtechnik? Schallplatten?
Meine Frau hat schon in und seit den 60er Jahren ihr Bikini-Oberteil in Badeanstalten und Hotelbädern ausgezogen, und zwar nicht weil sie dadurch irgend etwas kundtun, sondern lediglich weil sie sich bräunen wollte – und es führte zu keinerlei Kommentaren oder irgendwelchen sonstigen Interventionen, und sie war auch nicht allein damit. Sie tat es allerdings nicht ostentativ, weil ihr alles Ostentative – als vulgär – ohnehin zuwider war. Heute dagegen kommt es lediglich auf dieses an.
Sehr einfach, weil die Vorstellung meist besser ist al die Realität.