Leute wie ich haben es einfach. Wir schlafen in der Früh ausführlich den Rausch von gestern aus, frühstücken dann kräftig, schliesslich ist ein Tag, der ohne Eier mit Pata Negra beginnt, kein Tag. Dann lassen wir uns von irgendwem zum Mittagessen einladen. Am Mittagstisch frischen wir den leisen Schwindel, der von gestern Abend übrig geblieben ist, mit einem Gläschen Champagner auf und beginnen darüber nachzudenken, was wir abends zu uns nehmen wollen: was passt zum Beispiel zum in der Früh vorsorglich eingekühlten Burgunder – mal nachschauen bei Globus oder bei Reif auf dem Zürichberg. Wir haben ja Zeit.

Ich weiss. Auch wenn ich hiermit den oben stehenden Absatz als ein beissendes Stück Selbstironie decouvriere, werden Sie an der Vorstellung festhalten, dass jemand, der sich beruflich mit der Zubereitung und dem Zu-sich-Nehmen von Nahrungsmitteln beschäftigt, über bessere Quellen verfügt als Sie selbst; leider muss ich bekennen, dass ich nichts besser kenne als die spezielle Sorte Ratlosigkeit, die unsereins überfällt, wenn wir gegen halb sieben gerade noch am bereits vorwurfsvoll mit den Schlüsseln hantierenden Migros-Mann vorbeihuschen, um uns innen drinnen umgehend dafür zu entscheiden, dass es heute einmal mehr Spaghetti mit Marcella Hazans feiner Tomatensauce geben wird – Sie wissen: Zerkleinerte Pelati mit einer halben Zwiebel und einer hüschen Portion Butter einkochen, basta – , weil für alles andere reichen die Ressourcen der Migros nicht.

Gut, dass ein paar kluge Menschen an uns gedacht haben. Nicht nur, dass sie ansprechende Lebensmittel produzieren, sie verkaufen diese auch in Shops, die niemals sperren, nämlich im Internet. Wer zum Beispiel Bedarf nach einem vernünftigen Kalbsjus hat, diesen aber nicht persönlich produzieren möchte, kann sich diesen von Brigitte und Roland Jöhri liefern lassen: ein Abstecher auf www.talvo.ch genügt, und wer beim Schnuppern auf der Page des Spitzenrestaurants Appetit bekommen hat, lässt sich auch gleich eine Kaninchen-, oder – wenn zum Beispiel Weihnachten vor der Tür steht – eine Gänseleberterrine mitliefern. Für Menschen, die ihren Tee vorzugsweise mit sortenreinem Honig süssen, bieten Reichmuth von Reding (www.rvtee.ch) sowohl als auch: diverse, sorgfältig ausgesuchte Teesorten aus Indien, China und Taiwan, aber auch Honig aus dem Blütenstaub von Lindenblüten, Mispeln oder Bruyère Blanche. Noch ein bisschen exklusiver stöbert es sich im Sortiment von www.franzfricker.ch. Wer dort zum Beispiel Kaviar kauft, vermeidet die neidischen Blicke der Nachbarn an der Kasse – er erntet allerdings auch nicht die Bewunderung der Kassiererin, wenn sie die 500 Franken für die Dose Asetra nachzählt.

Warum unsereins übrigens aus rein geschmacklichen Gründen für den raschen EU-Beitritt der Schweiz votiert, erfahren Sie auf www.weltwoche.ch/zutisch

Es ist nämlich so: Lebensmittellieferungen von EU-Absendern in die Schweiz hängen möglicherweise so lange am Zoll, dass die gelieferten Waren verderben, und dieses Risiko will kein Lieferant übernehmen und liefert deshalb erst gar nicht in unser kleines Land. Ich möchte Sie trotzdem auf ein paar Adressen aufmerksam machen, deren Visite sich lohnt – es könnte ja sein, dass Sie jemanden im grenznahen Ausland kennen, der die Sendung übernehmen kann, oder dass jemand von den betreffenden Companies eine schlaue Idee hat, Anruf lohnt!

Wer neben Reichmuth von Reding noch einen zweiten Teeanbieter testen möchte, möge das alte Bremer Teehaus Betty Darling aufsuchen (www.betty-darling.de). Die klassischen Teesorten Darjeeling und Nilgiri sind hier von unübertroffener Dichtheit und Kraft. (Wer für den Teegenuss noch keine passende Teekanne hat, bekommt diese übrigens bei www.manufactum.ch. Die klassische Denby Teekanne mit dem Stövchen ist nicht zu übertreffen, und blau, meine Freunde, ist die Farbe!)

Erstaunlich, wie die Logistik der englischen Real Eating Company (www.real-eating.co.uk) funktioniert: Gestern die Bestellung in den Computer getippt, heute steht der Botendienst vor der Tür und bringt das hinreissende „Millionaires Shortbread“, einen mürben Kuchen mit Karamel und Valrhona-Schokolade – ganz zu schweigen von den wunderbaren Stilton- und Cheddar-Käselaiben. Erstaunlich auch, wie billig dieser Versand funktioniert – der Einkauf ist nicht teurer als ein analoger in einem der besseren Delikatessengeschäfte der Schweiz.

Der Weihnachtsbraten wäre schliesslich gerettet, könnte man in der Schweiz das unübertreffliche Fleisch des Atterochsen kaufen (www.landart.at). Dieses wird vom Erfinder des Rungis-Express (einer europaweiten Versorgung von Spitzenrestaurants mit Spitzenprodukten) im österreichischen Salzkammergut gezüchtet und alle drei Wochen frisch geschlachtet zugestellt. Allein für die Produkte dieses Anbieters lohnt es sich, im nahen Grenzland einen Wohnsitz zu nehmen. Wer einmal ein Filet vom Atterochsen kurz gebraten hat und mit grossem Erstaunen bemerkte, wie jeder Bissen am Gaumen schmilzt, wird nie mehr ein Wort gegen die EU sagen.