Stefan Eppenberger, Leiter Anlagestrategie, Vontobel

«Schweizer Privatanleger unterschätzen die Relevanz des Schweizer Frankens für ihr Portfolio. Seit der Jahrtausendwende hat sich der US-Dollar gegenüber dem Franken um zirka 47 Prozent abgewertet. Der jährliche Währungsverlust in Dollar-Anlagen für Schweizer Investoren beläuft sich damit auf rund 2,5 Prozent. Und da über zwei Drittel der weltweit kotierten Unternehmen in Dollar handeln, kommen Schweizer Investoren nicht um Anlagen in dieser Währung herum. Die wichtigste Frage für Schweizer Privatanleger im Jahr 2025 dürfte deshalb sein, wie die SNB mit der Franken-Stärke umgeht; sie will eine zu schnelle Aufwertung der einheimischen Währung verhindern. Momentan ist dies mit Zinssenkungen möglich, aber wir nähern uns bereits der Null-Prozent-Marke. Andere Zentralbanken haben mehr Spielraum für Zinssenkungen, wodurch der Zinsvorteil der anderen Währungsräume zunehmend wegfällt. Unkonventionelle geldpolitische Mittel dürften 2025 für die SNB wieder zum Thema werden.»

 

Marc Brütsch, Chefökonom, Swiss Life

«Für Schweizer Anleger wird es 2025 entscheidend sein, ob die Schweizerische Nationalbank ihren Zinssenkungszyklus fortsetzt. Mit bisher drei Zinssenkungen im laufenden Jahr ist die Geldpolitik der SNB nicht mehr restriktiv. Jede weitere Zinssenkung würde die Binnenkonjunktur und den inländischen Immobilienmarkt stützen. Privatanleger könnten davon zudem über nochmals tiefere variable Hypothekarzinssätze profitieren. Wenn die Normalisierung der Geldpolitik eine Rezession der Weltwirtschaft abwenden kann, gibt das auch den Aktienmärkten Rückhalt. 2025 jährt sich das Ende der Mindestkurspolitik der SNB zum zehnten Mal. Heute liegt der Euro-Wechselkurs nicht mehr bei 1.20, sondern tendiert eher in Richtung 0.90 Franken. Anlagen in Fremdwährungen sollten daher stets auch im Kontext der SNB-Geldpolitik getätigt werden.»

 

Anastassios Frangulidis, Head of Swiss Multi Asset, Pictet Asset Management

«Geht der Disinflationsprozess weiter? Das wird das wichtige Thema des neuen Jahres für den Privatanleger in der Schweiz und anderswo sein. Im laufenden Jahr sind die Inflationskräfte in den USA und anderswo schwächer geworden. Die Güterpreise fallen in vielen Ländern, darunter auch in der Schweiz, während die Preise der Dienstleistungen weniger stark als zuvor steigen. Das Inflationsziel von 2 Prozent sollte in vielen Ländern erreichbar sein, was den Notenbanken erlaubte, den bereits eingeschlagenen Leitzinssenkungsprozess weiter zu verfolgen. Da gleichzeitig die globale Konjunktur und damit die Gewinne der Unternehmen moderat wachsen werden, sind die Perspektiven für die meisten Anlageklassen und damit für den Verlauf der Portfolios des Schweizer Investoren gut. Allerdings besteht in Form einer stark protektionistischen Handels- und restriktiven Immigrationspolitik ein bedeutendes Risiko für den Verlauf der Inflation und der Finanzmärkte.»

 

Fredy Hasenmeile,Chefökonom, Raiffeisen

«Das finanzwirtschaftliche Umfeld 2025 dürfte in der Schweiz von sehr geringer Inflation, weiterhin sinkenden Zinsen, anhaltender Unsicherheit und einer nur zögerlichen konjunkturellen Erholung geprägt sein. Das wichtigste Thema ist die Rückkehr des Anlagenotstandes. Denn 2025 müssen wir uns von der kurzen Phase, in der Obligationen einen wesentlichen Renditebeitrag geliefert haben, bereits wieder verabschieden. Im Fokus stehen damit Sachwerte und Aktien. Generell gilt es investiert zu bleiben, defensive Qualitätstitel zu bevorzugen und eine breite Diversifikation anzustreben. Gold gehört ebenfalls ins Portfolio, solange die Staaten ihre Verschuldungspolitik nicht korrigieren. Aktivere Anleger können graduell etwas höhere Liquidität halten, um dann bei Kursrückschlägen zuzukaufen.»

 

David Kohl, Chefökonom, Bank Julius Bär

«Aus Schweizer Sicht wird das Anlageumfeld im Jahr 2025 stark von internationalen politischen Themen geprägt sein, während Konjunktursorgen und tiefe Zinsen die dominierenden Schweizer Themen sein werden. Die weiterhin attraktive Entwicklung der US-Aktienmärkte und die Dominanz amerikanischer Unternehmen bedeuten für Schweizer Anleger eine starke Abhängigkeit vom US-Dollar. Die Höhe der Staatsverschuldung in den USA und deren Auswirkungen auf den Wert der US-Währung und auf das US-Zinsniveau sind insbesondere aus Schweizer Sicht die grössten Risiken für die Geldanlage im Jahr 2025. Die wirtschaftspolitischen Weichenstellungen in China zur Überwindung der Wachstumsschwäche sowie attraktivere Finanzierungsbedingungen in Europa durch sinkende Zinsen schaffen die grössten Chancen für die Geldanlage im Jahr 2025.»

 

Kurt Schiltknecht, ehemaliger Chefökonom der Schweizerischen Nationalbank

«Die Finanzmärkte haben die politischen Turbulenzen dank den Zinssenkungen bisher gut überstanden. Es ist fraglich, ob es trotz den erwarteten weiteren Zinssenkungen so weitergeht. Denn in den USA geht die Verschuldung auch nach der Wahl von Donald Trump rasant weiter. Der Dollar als Weltwährung leidet darunter wegen einer fehlenden Alternative nur wenig. Für den Euro ist die Verschuldung ein grösseres Problem. Verschärft wird es durch die Regulierungswut. Europa leidet zudem unter einer schrumpfenden Bevölkerung. Ein Problem, das sich in absehbarer Zeit in den Finanzmärkten niederschlagen wird. In den westlichen Industriestaaten ist Stagnation angesagt. Die schweizerischen Unternehmen werden davon umso weniger betroffen, je eigenständiger die Wirtschaftspolitik ist. In Anbetracht der vielen Probleme ist ein hoher Anteil (30 bis 40 Prozent) von liquiden Mitteln im Portefeuille sinnvoll. Weil es unklar ist, wie die von den westlichen Ländern immer häufiger verhängten Sanktionen und die wiederauflebenden Zollstreitigkeiten die Unternehmen treffen, drängt sich statt ‹Stock Picking› der Kauf von guten Indexprodukten auf.»

 

Wolfgang von Hessling, Chefökonom, LGT Bank

«Für den Erfolg Schweizer Privatanleger im 2025 werden das Tempo und der Umfang der geldpolitischen Lockerungen in den USA und Europa entscheidend sein. Nach spürbarer Disinflation beiderseits des Atlantiks im vergangenen Jahr werden für 2025 weitere umfangreiche Zinssenkungen erwartet, vor allem im ersten Halbjahr. Für die US-Geldpolitik spielt neben der Inflationsdynamik dabei auch das Tempo der amerikanischen Arbeitsmarktabkühlung eine entscheidende Rolle. In Europa unterstützt die schärfere Disinflation den Ausblick auf EZB-Zinssenkungen zwar deutlich, allerdings birgt die äusserst verhaltene europäische Nachfrage- und Wachstumsdynamik auch gewisse Rezessionsrisiken und damit potenziellen Gegenwind für Risikoaktiva. Sofern sich das globale Wirtschaftswachstum jedoch einigermassen behaupten kann, sollte der geldpolitische Rückenwind die Finanzmarktdynamik aufhellen können.»

 

Gabrielle Wanzenried, Professorin für Finanzwirtschaft, Haute Ecole d’Ingénierie et de Gestion du Canton de Vaud HEIG-VD HES-SO

«Die Prognosen für die Entwicklung der Finanzmärkte im Jahr 2025 sind optimistisch. Die Volatilität dürfte jedoch aufgrund der folgenden Faktoren eine Herausforderung sein: (1) Die Wahl von Donald Trump zum neuen Präsidenten der USA und die Entwicklung der Zollpolitik und des Staatsdefizits der USA (2) Die ungewisse Entwicklung der Inflation in den entwickelten Volkswirtschaften (3) Die weiteren technologischen Entwicklungen, gerade auch im Bereich von KI (4) Die geopolitischen Spannungen mit dem anhaltenden Krieg in der Ukraine und dem Konflikt im Nahen Osten. Was bedeutet dies für die Geldanlage? Den Sektoren Technologie, Gesundheitswesen und Energie gehört erhöhte Aufmerksamkeit. Ansonsten gilt: ein gut diversifiziertes Portfolio halten, diszipliniert bleiben, das heisst der Versuchung widerstehen, auf kurzfristige Marktschwankungen zu reagieren, und eine solide Anlagestrategie verfolgen!»

 

Heinz Zimmermann, Professor für Finanzwirtschaft, Universität Basel

«Der an den meisten Märkten fortgesetzt negative Zinstrend verleitet viele Investoren erfahrungsgemäss dazu, die Renditen über Dividendenerträge zu kompensieren, was die Bewertung selbst konservativer Papiere in die Höhe treiben wird. Zusammen mit der Blase im Technologiesektor führt dies zu Kursniveaus, die sich langfristig nicht aufrechterhalten lassen: eine gefährliche Vermögensillusion. Schon heute ist die Disparität zwischen dem bescheidenen Wirtschaftswachstum und dem erforderlichen Gewinnwachstum vieler Firmen, das die beträchtlichen Bewertungen rechtfertigen würde, augenfällig. Bei Microsoft wäre beispielsweise ein jährliches Gewinnwachstum von etwa 25 Prozent nötig – und zwar langfristig. Immerhin dürfte man sich hier des Blasenrisikos bewusst sein. Mit der beunruhigenden Zinsentwicklung verschieben sich die Risiken in vermeintlich wertbeständige Sektoren, was bei einer Normalisierung der Zinssituation zu bösen Überraschungen führen wird.»

 

Florian Schwab ist Publishing Director beim Newsportal Finews.ch