Die russische Invasion in der Ukraine und der Krieg Israels gegen die Hamas haben einen anderen Brennpunkt aus den Schlagzeilen verdrängt: den Sahel, einen rund 5000 Kilometer langen Trockengürtel am Südrand der Sahara, wo in den vergangenen Jahren Militärs in einer Reihe von Ländern die Macht ergriffen – und sich daraufhin mit Russland und dessen Wagner-Soldaten verbündet haben.

Zeitgleich wurde in vielen Ländern mit der alten französischen Kolonialmacht gebrochen. Als Resultat steht in der vom Dschihadismus geplagten Region zwischen dem Bauch und dem Horn von Afrika die nächste geopolitische Katastrophe bevor.

Unter all den bitterarmen Staaten am Sahel war der Tschad bislang einer der wenigen verbliebenen Verbündeten des Westens. Hier sind noch immer rund tausend französische und etwa hundert amerikanische Elitesoldaten stationiert. Sie helfen dort Mahamat Déby, dem 39-jährigen Übergangspräsidenten, ein unberechenbares Land zu kontrollieren.

Déby junior hatte vor drei Jahren nach dem Tod seines Vaters, der den Tschad dreissig Jahre lang regiert hatte, die Macht ergriffen. Am Sonntag finden «Wahlen» statt, in denen der Sohn seine Präsidentschaft langfristig festigen will.

Doch all das könnte nun ebenfalls zu Ende gehen. Nach einer Aufforderung des Tschad hat inzwischen rund die Hälfte des amerikanischen Kontingents die Basis in der Hauptstadt N’Djamena verlassen und ist nach Deutschland verlegt worden. Erst im März hatte das Militärregime im benachbarten Niger eine Übereinkunft mit dem US-Militär und den dort stationierten tausend US-Soldaten beendet.

Was genau hinter dem aktuellen Rausschmiss steht, ist ein Rätsel, denn Déby kann internationale Unterstützung gut gebrauchen. Offenbar versucht er jedoch unter dem starken Druck oft ethnisch organisierter Rebellengruppen (nicht Dschihadisten), seine internationalen Partnerschaften auf eine breitere Basis zu stellen. Dazu passt, dass Déby Ende Januar nach Moskau reiste – und dort offenbar prompt militärische Hilfe zugesagt bekam, vermutlich gegen Konzessionen. Auch soll eine ungarische Eliteeinheit eine immer wieder gemunkelte Palastrevolte gegen Déby verhindern.

Umfragen zeigen, dass auch im Tschad die Unterstützung für Frankreich fällt und die Popularität Russlands steigt. Nicht wenige befürchten, dass die politischen Spannungen an den Grenzen des Tschad in einemn Bürgerkrieg münden. Geopolitisch wäre dies ein Albtraum, weil der Tschad bislang eine Feuersperre bildet zwischen dem Bürgerkrieg im Sudan, der dschihadistischen Gewalt am Sahel und den Dauerkonflikten in Libyen und der Zentralafrikanischen Republik.

Doch all dies steht nun auf dem Spiel.