Nach dem Schriftsteller Salman Rushdie hat sich nun auch die Bestseller-Autorin Donna Leon (80) besorgt über Zensur im weltweiten Literaturbetrieb geäussert. «Wir leben jetzt in einer Welt, in der man nichts schreiben darf, was Leser kränkt, überrascht, verletzt, verstört oder in irgendeiner anderen Weise Empfindlichkeiten berührt», sagte sie in einem Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ).

Die Amerikanerin, die mit ihren Venedig-Krimis um Commissario Brunetti Weltruhm erlangte, nannte eine solche Beschränkung des Schreibens eine Form von Zensur.

Leon kritisierte zudem die Praxis, klassische Werke wie «Pippi Langstrumpf» zu überarbeiten, um rassistische Begriffe zu entfernen. Sie verglich diese Vorgehensweise mit der Geschichtsklitterung des Kommunismus und zog Parallelen zu den Retuschen von Fotos während der kommunistischen Herrschaft in der Sowjetunion. Dabei würden im Namen von Werten und Moral die Vergangenheit und ihre Werke verändert.

Stattdessen plädierte die Schriftstellerin dafür, die Sprache der Vergangenheit als Teil unserer Geschichte anzuerkennen: «Ich kann verstehen, warum Menschen Bücher überarbeiten wollen. Wir alle würden gern die Grausamkeiten vergessen, die zu uns gesagt wurden. Viele von uns würden sicher auch gern die Grausamkeiten vergessen machen, die sie selbst gesagt haben. Aber es ist eben geschehen.»