Dass Gerichte immer mal wieder absurde bis groteske Urteile fällen, ist nichts Neues. Aber das Zuger Kantonsgericht hat in dieser Disziplin neue Massstäbe gesetzt.

Das Gericht entschied, dass Ringier an Jolanda Spiess-Hegglin exakt 309.531 Franken zahlen muss. Die Zahlung ist eine sogenannte Gewinnherausgabe. Ringiers Blick, so das Gericht, habe mit vier persönlichkeitsverletzenden Artikeln über Spiess-Hegglin exakt 309.531 Franken verdient.

Mit jedem der vier Artikel verdiente Ringier also rund 77.000 Franken. Das Geld, so das Gericht, kam durch hohe Leserzahlen und entsprechende Online-Werbung herein. Dank eines kreativen Richters sind damit endlich alle finanziellen Probleme der Zeitungsverlage gelöst.

Wenn der Blick mit einem Artikel über Spies-Hegglin 77.000 Franken verdient, dann verdient er mit Tausenden von anderen Artikeln ebenfalls 77.000 Franken. Denn genau so sehr wie für Spiess-Hegglin interessiert sich das Publikum für Roger Federer, Marco Odermatt, Michelle Hunziker, Donald Trump, Taylor Swift, Christoph Blocher, Beatrice Egli und viele andere.

Grob geschätzt verdient der Blick nach den Berechnungen des Gerichts mit all seinen Artikeln damit rund 250 Millionen Franken im Jahr. Bei 20 Minuten, beim Verbund des Tages-Anzeigers und bei der NZZ sind die Klickzahlen im Netz vergleichbar. Allein diese vier Zeitungen verdienen also nach dem fachmännischen Urteil des Zuger Kantonsgerichts zusammen rund eine Milliarde im Jahr.

Schön wär’s. Ringier wird das Urteil darum ans Obergericht Zug weiterziehen. Dort wird das Urteil mit Sicherheit korrigiert. Denn das Zuger Kantonsgericht ist bekannt für absurde Entscheide.

Im Mai 2020 zum Beispiel verbot das Zuger Kantonsgericht auf Antrag von Spiess-Hegglin die Publikation eines Buchs der Journalistin Michèle Binswanger zur Zuger Affäre, obschon das Buch noch gar nicht geschrieben war. Ein Jahr später hob das Obergericht das groteske Urteil wieder auf.