«Silvester weitgehend friedlich», titelt das ZDF am Neujahrstag. Die optimistische Bilanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunk teilt nicht jeder.

Allein in Berlin gab es in der Silvesternacht fast 400 Festnahmen. Erneut kam es zu Angriffen auf Polizei und Feuerwehr. Insgesamt wurden 54 in der Hauptstadt verletzt. Es scheint, als läge der Teufel im Detail – in diesem Fall in dem Wort «weitgehend».

Richtig ist, dass beim akutellen Rutsch ins neue Jahr weniger Ausschreitungen verzeichnet wurden als beim vorangegangenen. Doch der «Frieden» ist trügerisch und vor allem teuer erkauft: Knapp 5000 Polizisten sowie umfangreiche Vorkehrungen wie etwa eine Böllerverbotszone in der berühmt-berüchtigten Sonnenallee bewahrten die deutsche Regierung vor einem erneuten Desaster. Bereits vor dem 31. Dezember hielt die Polizei etwa hundert Gefährderansprachen.

Auch antisemitische Parolen wurden wieder skandiert, und noch etwas anderes fällt jedes Jahr aufs Neue auf: Frauen sucht man auf den Strassen deutscher Grossstädte zunehmend vergebens. Auch Männer ohne entsprechenden Migrationshintergrund sieht man immer seltener.

Silvester in Deutschland bedeutet vor allem eines: Okkupation des öffentlichen Raumes. Verdrängung der Einheimischen durch jene, die sich einst selbst aus ihrer Heimat gedrängt gefühlt haben. Wer den Erfolg oder Misserfolg einer Silvesternacht in der Bundesrepublik an der Zahl der Verletzten oder Festnahmen festmacht und zufrieden ist, wenn es weniger als im Vorjahr sind, hat das eigentliche Problem nicht verstanden.

Was wir hier jedes Jahr seit der berühmt-berüchtigten Silvesternacht 2015/2016 auf der Kölner Domplatte erleben, ist nichts anderes als eine Machtdemonstration. «Seht her, was wir uns erlauben. Und doch haben wir nichts von diesem Staat zu befürchten.» Die Silvester-Machtdemonstration reiht sich in andere Machtdemonstrationen ein. Öffentliches Beten auf Strassen, an Plätzen wie dem Brandenburger Tor, antisemitische Demonstrationen oder das immer aggressivere Einfordern von Rücksichtnahme in Bezug auf die eigenen religiösen Gepflogenheiten an Ramadan.

Es hat sich binnen weniger Jahre einiges verändert in Deutschland. Die Migration seit 2015 hat die muslimische Community in kürzester Zeit extrem anwachsen lassen. Instinktiv spürt man, dass man keine kleine Minderheit mehr ist. Das Geschwätz von der Pflicht zur Anpassung und Integration taugt höchstens noch für wohlfeile Sonntagsreden bei ZDF-Moderator Markus Lanz. Niemand muss sich mehr in diesem Land anpassen.

Die Deutschen sind in der Debatte derweil vor allem mit sich selbst beschäftigt. Von links wird ohnehin alles als Rassismus gebrandmarkt und als «Männerproblem» pauschalisiert. Am Ende wird sich auch dieses Mal nicht viel ändern. Bis auch der letzte Deutsche an Silvester von der Strasse verschwunden ist.