Dass Deutschland zum Sanierungsfall Europas wird, zeigen nicht nur die Konsens-Schätzungen für das Wirtschaftswachstum, sondern vor allem auch die Einkaufsmanager-Indizes für die verarbeitende Industrie. Diese Produktionsbetriebe kommen viel stärker unter die Räder als jene anderer EU-Länder, und die Exporterwartungen sind nach einem kurzen Aufflackern zu Jahresbeginn wieder eingetrübt.

Dies bestätigen auch die Ifo-Indizes für das verarbeitende Gewerbe im Mai sowie die ZEW-Konjunkturindizes in der Juni-Umfrage.

Die IMF-Prognose vom April sieht Deutschland 2023 als einziges grosses EU-Land im Krebsgang, mit einem Rückgang des realen BIP um 0,1 Prozent. Die OECD-Wachstumsprognose 2023 vom 7. Juni zeigt Deutschland mit einem Minus von 0,3 Prozent auf Platz 45 von 50 wichtigen Volkswirtschaften.

Etwas optimistischer gibt sich die EU-Kommission in ihrem Frühjahrsgutachten mit einer realen BIP-Schätzung von 0,2 Prozent, was aber pro Kopf der Bevölkerung ein Minus bedeutet, denn die Einwanderung wird auch 2023 massiv sein. Aber auch in dieser Prognose liegt Deutschland unter den grossen EU-Ländern am Schluss der Rangliste. Einzig in Estland und Schweden soll sich die Wirtschaft noch schlechter entwickeln.

Die deutsche Wirtschaft erholt sich auch nach Ansicht der Deutschen Bundesbank nur mühsam von den Krisen der vergangenen drei Jahre. Sie erwartet für 2023 einen Rückgang des Bruttoinlandproduktes um 0,3 Prozent. Die deutsche Wirtschaft ringe vor allem noch mit den Folgen der hohen Inflation. Diese schmälert die Kaufkraft der Bürgerinnen und Bürger. Dies ist den Bundesbank-Projektionen vom 16. Juni zu entnehmen.

Aber wie immer werden die Bürgerinnen und Bürger auf den Aufschwung in den nächsten Jahren vertröstet. Warum dies der Fall sein soll, wird allerdings nicht begründet. Weder die Bau- noch die Autoindustrie strotzen vor Aufträgen, und die Energieknappheit wird bis dann nicht behoben sein. Selbst wenn es an der Zinsfront zu einer Beruhigung kommt, wird es Monate dauern, bis die Investoren wieder Vertrauen schöpfen und neue Projekte in Angriff nehmen.

Die Staatskasse ist leer, und nun fordert auch noch die EU massiv mehr Geld von Deutschland für ihre Pläne zum Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft. An den EU-Staatshaushalt muss Deutschland bekanntlich den grössten Beitrag leisten, und das Land ist auch der grösste Nettozahler.

Die Bürgerinnen und Bürger sind von der deutschen Regierung immer mehr enttäuscht, auch wenn Wirtschaften eigentlich Sache der Privaten wäre. Aber die Regierung hat die Rahmenbedingungen derart verschlechtert, die Infrastrukturen verlottern lassen und Rechtsunsicherheit in grossem Stil geschaffen. Sie hat den Wirtschaftsstandort Deutschland abgewirtschaftet.