Geschwärzte Passagen, anonymisierte Aussagen und ein bockiges Bundeskanzleramt: Die gerade freigegebenen Protokolle des deutschen «Corona-Expertenrats» geben nicht nur einen Einblick in die Gedankenwelt des «erlauchten Gremiums», dessen Mitglieder die schwersten Grundrechts-Einschränkungen seit Bestehen der Republik mitzuverantworten haben.

Das Ringen um ihre Veröffentlichung zeigt auch, dass die Bundesregierung etwas noch immer nicht begriffen hat: Der gesamte Prozess, auf den sich die Politik der Grundrechtschande stützt, ja die gesamte Entscheidungsbasis muss maximal transparent gegenüber der Öffentlichkeit sein.

«Seit Beginn der Corona-Krise dränge ich darauf, dass der Staat seine Entscheidungsfindung offenlegt», schreibt die Rechtsanwältin Jessica Hamed in einem Tweet zur Freigabe der Protokolle.

«Von welcher Gefahrenlage aufgrund welcher Tatsachen ging er aus, und hat er eine Rechtsgüterabwägung vorgenommen? Beides kann bis heute – soweit ersichtlich – nicht lückenlos […] nachvollzogen werden. In einem Rechtsstaat wäre das aber erforderlich, denn nur so kann sichergestellt werden, dass keine willkürlichen Grundrechtseingriffe erfolgt sind», so Hamed weiter.

Die völlig undurchsichtige Entscheidungsfindung der Regierung, der nach aussen als eine Art «Heiligtum» dargestellte Expertenrat, müssten längst akribisch durchleuchtet worden sein. Dazu ist es aber unabdingbar, dass vonseiten der Regierung nicht gegen diese Durchleuchtung gearbeitet wird. Was, um Himmelswillen, soll das?

Dem Frankfurter Allgemeinmediziner Christian Haffner ist es zu verdanken, dass wenigstens nun die teilweise geschwärzten Protokolle der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Er konnte die Freigabe nur durch eine Klage erwirken.

Das Bundeskanzleramt begründet derweil die Anonymisierungen unter anderem damit, dass eine namentliche Nennung eine «Gefährdung» der genannten Personen «zur Folge haben könne». Noch mal: Was soll das? Wer als «Experte» für die Gesellschaft so weitreichende Handlungsempfehlungen der Bundesregierung an die Hand gibt, darf sich im Nachhinein keinen schmalen Fuss machen. Alles muss auf den Tisch. Auch die geschwärzten Stellen!

Marcus Klöckner ist Journalist und Autor. Zuletzt von ihm erschienen: «Möge die gesamte Republik mit dem Finger auf sie zeigen. Das Corona-Unrecht und seine Täter», Rubikon.