Bewusst einen Tag nach der grossen Macron-Show von Bundespräsident Alain Berset (SP) – man wollte ihm schliesslich die zwei Tage in Staatsmannspose nicht vermiesen – stellte die Geschäftsprüfungskommission (GPK) beider Räte ihren Bericht über die Indiskretionen bei den Covid-Geschäften des Bundesrats vor.

Die untersuchende Kommission von National- und Ständeräten hielt ihre Medienorientierung bis zehn Minuten vor der Veranstaltung am Freitagabend um 17 Uhr geheim – mutmasslich in der Hoffnung, dass dann die Medienschaffenden bereits ins Wochenende verschwunden seien.

Die grösste Pointe hält der Bericht auf Seite 65 bereit, wo Gesundheitsminister Alain Berset seine vielerprobte Abgebrühtheit noch einmal beeindruckend beweisen konnte. Auf die Frage, warum er die engen Kontakte seines Kommunikationschefs Peter Lauener (SP) zu gewissen Medien nicht hinterfragt und keine Massnahmen dagegen getroffen habe, antwortete Berset kaltschnäuzig: Er sei «sich absolut sicher gewesen sei, dass die Indiskretionen nicht aus seinem Departement kamen».

In eigenartiger Auffassung der Kollegialität verdächtigt und beschuldigt Alain Berset also seine sechs Bundesratskollegen und deren Departemente, sie hätten die Covid-Leaks veranstaltet. Wo er doch gleichzeitig gegenüber der GPK zugeben musste, es sei ihm bekannt gewesen, dass sein Kommunikationschef Lauener «teils sehr enge Kontakte» zum Chef des Medienhauses Ringier gepflegt habe.

Bersets Antwort war denn für die parlamentarische Geschäftsprüfung auch «nur beschränkt nachvollziehbar». Was in etwas weniger gewunden-diplomatischem Klartext heisst: «Bundesrat Berset erzählte uns einen völligen Stuss.»

In Wahrheit schrieb ein Mitarbeiter von Bersets Generalsekretariat über eine klassifizierte Information an Kommunikationschef Lauener per Mail folgenden Aufruf: «Wir sollten das leaken.» Lauener selber hat E-Mails mit beruflichem und teils gar vertraulichem Inhalt an seine private E-Mail-Adresse geschickt, was für die GPK ebenfalls «nicht nachvollziehbar» ist.

Laueners E-Mails waren – trotz Versand an die eigene private E-Mail-Adresse – an andere Personen adressiert, wobei ein bestimmter «Code» zur Anwendung kam. Aber der Vorgesetzte Alain Berset ahnte vom Treibem seines engsten Vertrauten nichts, wusste von nichts und wollte überhaupt fürs Vaterland nur das Beste und Schönste …

Die Daten des entlassenen Kommunikationschefs Lauener seien von der Swisscom zwischenzeitlich gelöscht worden, und jene, die wegen des Strafverfahrens versiegelt sind, wollte der Verdächtigte nicht herausrücken. Bundesrat Berset könne man kein Mitwissen nachweisen, kommt der GPK-Bericht zum Schluss.

So haben es die Politiker und die Verwaltung in Bern am liebsten: Der Scherbenhaufen eines fortgesetzten gegenseitigen Misstrauens im Bundesrat ist zwar da. Aber niemand kann dafür verantwortlich gemacht werden. Und die Ära des Alain Berset ist ja Ende Jahr ohnehin ausgestanden.