So bedächtig er sich gibt, ein Mann der Beständigkeit ist er nicht. Der Bauer Heinz Siegenthaler war früher einmal SVP-Fraktionschef im Kanton Bern, wurde dann für die BDP in den Nationalrat gewählt und politisiert heute in der Mitte-Partei. Einen Moment grösster nationaler Aufmerksamkeit genoss der behäbige Siegenthaler, als er sich als unbeherrschter Hitzkopf entpuppte und der Zürcher SVP «braune Tendenzen» vorwarf.

Nun hat die grosse Kammer einen Vorstoss von Heinz Siegenthaler überwiesen, wonach jeweils am 16. September ein zweiter Nationalfeiertag begangen werden soll. Gut möglich, dass der Volksvertreter im Wahljahr auf populistischen Spuren wandelt und der Bevölkerung einen weiteren arbeitsfreien Tag bescheren will.

Ausser natürlich den Bauern, die ihren Stall trotzdem besorgen müssen. Damit stellt sich Siegenthaler in die Nachfolge des Rechtsaussenpolitikers Markus Ruf (Schweizer Demokraten), welcher der Schweiz am 1. August einen landesweit vorgeschriebenen Feiertag beschert hat.

Möglich auch, dass Heinz Siegenthaler mit dem 12. September als Geburtstermin der modernen Bundesverfassung von 1848 an einen anderen Seeländer erinnern will, nämlich an den genialen Verfassungsschöpfer Ulrich Ochsenbein. Nur dürfte das, was Ochsenbein über Unabhängigkeit, Selbstbestimmung, Neutralität und nationale Würde geäussert hat, dem Mitte-Politiker Siegenthaler nicht im geringsten schmecken.

Die Absicht der heutigen «Verfassungsfreunde» von 1848 ist klar und muss verstimmen: Sie wollen die Gründung der Eidgenossenschaft von Anfang August 1291 ungeschehen machen und das Geburtsdatum der Schweiz fast sechshundert Jahre zurückversetzen. Wie wenn nicht ein möglichst langes Leben, eine möglichst lange nationale Existenz einem Land erst Wert und Selbstwert verleihen würde.

Wer der Schweiz als Heimatland von mehreren Millionen ihre 734 Jahre alte Geschichte abschneidet oder diese relativiert, tut etwas Unverzeihliches: Er tötet ein Stück unserer Seele und vergiftet die Luft, in der wir atmen.