Das sei «in keinster Weise im Interesse der Sicherheit Israels», kommentiert Aussenministerin Baerbock die gezielte Tötung von Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah. Es drohe jetzt die Destabilisierung des Libanon, mahnt sie. Das klingt so, als wäre einer der grössten Friedensfürsten Opfer des israelischen Angriffs gewesen.

Doch Nasrallah war einer der blutrünstigsten Terroristen. Er half zum Beispiel dem syrischen Präsidenten Assad, 500.000 Syrer zu massakrieren und an der Macht zu bleiben. Vor bald zwanzig Jahren war er für die Ermordung des damaligen Präsidenten Hariri und vor vier Jahren für die verheerende Explosion im Hafen von Beirut verantwortlich.

Nasrallah führte den Libanon ins Verderben. Er hat die Republik, die einst als «Schweiz des Nahen Ostens» gelobt wurde, in einen gescheiterten Staat verwandelt, den er mit seinen Milizen nicht nur weitgehend kontrolliert, sondern ihn wiederholt in einen Krieg mit Israel verwickelt hat. Bis zuletzt: Seit dem 8. Oktober unterstützte Nasrallah die radikal-islamische Hamas, die am Tag zuvor mit 6000 Mann im Süden Israels eingefallen war und mordete, vergewaltigte und Geiseln in den Gazastreifen entführte. Völlig unprovoziert liess er seither Raketen und Drohnen auf Israel niederprasseln. Sie haben mehr als 60.000 Israeli in die Flucht geschlagen, die seit einem Jahr als intern Vertriebene irgendwo im Landesinnern auf ihre Rückkehr warten.

Israel bewies gegenüber der Hisbollah während des letzten Jahres strategische Geduld und begnügte sich mit einem täglichen, von Nasrallah aufgezwungenen Schlagabtausch. Kürzlich ging Israels Armee aber dazu über, mit einer Reihe von Militärkampagnen gegen die Hisbollah-Führung vorzugehen, indem sie zunächst ihr internes Kommunikationssystem mit einer genialen Geheimdienstoperation ausser Kraft setzte. Der folgenschwerste Angriff richtete sich am Freitag gegen die gesamte Führung der Organisation, allen voran gegen Nasrallah.

Die Operationsfähigkeit der Hisbollah ist jetzt zwar angeschlagen. Aber sie verfügt nach wie vor über ein gewaltiges Raketenarsenal, mit dem sie jeden Punkt in Israel erreichen könnte. Die Ayatollahs, die in den vergangenen Jahren Milliarden in die Aufrüstung der Hisbollah investiert und auf Nasrallah als zentralen Statthalter ihrer Interessen im Nahen Osten gesetzt haben, stehen jetzt vor einer schwierigen Entscheidung.

Wollen sie weiterhin auf die massiv geschwächte Hisbollah setzen und ihr Gelder überweisen, die sie eigentlich im Iran brauchen? Oder überdenken sie ihre Strategie, sich martialische Stellvertreter in der Region zu leisten? Die Hisbollah wäre dann bald am Ende – und die Region dem Frieden einen Schritt näher.