«Ich bin acht Jahre alt. Einige von meinen Freunden sagen, es gibt keinen Weihnachtsmann. Papa sagt, was in der Sun steht, stimmt immer. Bitte sagen Sie mir: Gibt es einen Weihnachtsmann? Virginia O’Hanlon». Die Sache war dem Chefredaktor und Verleger Francis P. Church so wichtig, dass er selber antwortete – auf der Titelseite der Sun:
«Liebe Virginia, Deine kleinen Freunde haben nicht recht. Sie glauben nur, was sie sehen; sie glauben, dass es nicht geben kann, was sie mit ihrem kleinen Geist nicht fassen können. Aller Menschengeist ist klein, ob er nun einem Erwachsenen oder einem Kind gehört. Im Weltall verliert er sich wie ein winziges Insekt. Solcher Ameisenverstand reicht nicht aus, die ganze Wahrheit zu erfassen und zu begreifen.
Ja, Virginia, es gibt einen Weihnachtsmann. Es gibt ihn so gewiss wie die Liebe und Grossherzigkeit und Treue. Weil es all das gibt, kann unser Leben schön und heiter sein. Wie dunkel wäre die Welt, wenn es keinen Weihnachtsmann gäbe! Es gäbe dann auch keine Virginia, keinen Glauben, keine Poesie – gar nichts, was das Leben erst erträglich macht. Ein Flackerrest an sichtbarem Schönem bliebe übrig. Aber das Licht der Kindheit, das die Welt ausstrahlt, müsste verlöschen.
Es gibt einen Weihnachtsmann. Sonst könntest Du auch den Märchen nicht glauben. Gewiss, Du könntest Deinen Papa bitten, er solle am Heiligen Abend Leute ausschicken, den Weihnachtsmann zu fangen. Und keiner von ihnen bekäme den Weihnachtsmann zu Gesicht. Was würde das beweisen? Kein Mensch sieht ihn einfach so. Das beweist gar nichts. Die wichtigsten Dinge bleiben meistens unsichtbar. Die Elfen zum Beispiel, wenn sie auf den Mondwiesen tanzen. Trotzdem gibt es sie.
All die Wunder zu denken – geschweige denn zu sehen –, das vermag nicht der Klügste auf der Welt. Was Du auch siehst, Du siehst nie alles. Du kannst ein Kaleidoskop aufbrechen und nach den schönen Farbfiguren suchen. Du wirst einige bunte Scherben finden, nichts weiter. Warum? Weil es einen Schleier gibt, der die wahre Welt verhüllt, einen Schleier, den nicht einmal alle Gewalt auf der Welt zerreissen kann. Nur Glaube und Poesie und Liebe können ihn lüften.
Dann werden die Schönheit und Herrlichkeit dahinter auf einmal zu erkennen sein. ‹Ist das denn auch wahr?›, kannst Du fragen. Virginia, nichts auf der Welt ist wahrer und nichts beständiger. Der Weihnachtsmann lebt, und ewig wird er leben. Sogar in zehnnmal zehntausend Jahren wird er da sein, um Kinder wie Dich und jedes offene Herz mit Freude zu erfüllen. Frohe Weihnacht, Virginia. Dein Francis P. Church.»
PS: Der Briefwechsel zwischen Vorginia O’Hanlon (1889–1971) und Francis P. Church (1839–1906) stammt aus dem Jahr 1897. Er wurde über ein halbes Jahrhundert – bis zur Einstellung der Sun 1950 – alle Jahre wieder zur Weihnachtszeit auf der Titelseite der Zeitung abgedruckt.
https://www.youtube.com/watch?v=PLH8-t_PKG8 Ich erdreiste mir einfach diesen youtube Link hinein zu setzen. Denn der glaube ich sagt alles! Ist nur 1.35 min lang
Armer Eulenländer. Sie würden nie ein Bild von mir kaufen. Und für Sie ist die Welt der Kunst sicher unverständlich. Es gibt eine Schwellenzone zwischen Realität und Traum aus der unter anderem Kinder und auch einige Künstler (aber sicher keine quersubventionierten) aus dem vollen schöpfen. Einmal landet man dann in der nur realen Welt ohne Schaden genommen zu haben. Es gibt aber Wesen die können nur die Realität des Bankkonto verstehen. Frohe Weihnachte Herr Eulenländer
Das verrückte an der Geschichte ist, dass heutzutage kein Chefredaktor dies so schreiben könnte. Nicht, weil es nicht so wäre. Nein, weil er und sein ganzes Team über das ganze Jahr genau diese Geschichte zu verhindern getrachtet haben. Was in den letzten beiden Jahren den Kindern angetan wurde - willfährig unterstützt von den Medien - würde jedes Kind dazu bringen, die Worte des Chefredaktors als glatte Lüge zu erkennen. Denn, warum sollte das für Kinder gelten, wenn nicht auch für Erwachsene?