Lange schien es, als könnte nichts die Konjunktur der Grünen bremsen. Fast alle anderen Parteien rissen sich darum, mit ihnen zu koalieren. Plötzlich sieht sich die Partei von Robert Habeck und Annalena Baerbock aus der Favoritenrolle verstossen.

In Hessen kündigte ihnen die CDU die Zusammenarbeit, um sich lieber mit der abgewirtschafteten SPD zusammenzutun. Dafür gibt es spezifische Gründe; Hessens Sozialdemokraten, von Nancy Faeser zu neuen Tiefen geführt, akzeptieren nahezu jede Bedingung, um ins Regierungsgeschäft zu kommen.

Dass ein alter Partner sie verschmäht, passiert den Grünen schon zum zweiten Mal: In Berlin verzichtete die SPD lieber auf den Chefposten, statt das Bündnis mit den Grünen fortzusetzen.

Warum fliehen die Ex-Partner? Die Grünen richten ihre Politik so strikt auf ihre Klientel aus wie keine andere Partei. In Berlin etwa legten sie die Friedrichstrasse für den Autoverkehr lahm, eine Massnahme, die die Wähler von Schwarz bis Rot ablehnten – nur das grüne Milieu nicht.

Wähler aller grösseren Parteien wandten sich mehrheitlich gegen die Abschaltung der letzten Kernkraftwerke – nur die Grünen-Gefolgsleute votierten dafür.

Und aktuell stellen sich nur die Grünen gegen die Eindämmung der illegalen Migration – während SPD, CDU und FDP immerhin das Problem erkennen. Im Bündnis mit den Grünen werden die Partner in Haftung für eine Politik genommen, die ihnen schadet. Ganz unwahrscheinlich ist es deshalb nicht, dass Kanzler Olaf Scholz die Grünen hinauswirft, um seine SPD zu retten.

Um der drohenden Isolation zu entgehen, müssten die Grünen ihren Wesenskern aufgeben: den Anspruch, eine höhere Wahrheit zu verkünden. Sie müssten sich von einer missionarischen Bewegung zur normalen politischen Kraft wandeln.

Allerdings: Genau für dieses Prophetentum, das Kompromisse ablehnt, werden die sie von ihren Stammwählern vergöttert.