Katzenjammer statt Wolfsgeheul bei den Grünen. Die Partei droht unter der Zehn-Prozent-Marke in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden. Frust und Wut von Aline Trede, der Fraktionschefin, brechen sich in einem Interview mit dem Tages-Anzeiger Bahn. Das Problem der Grünen: Bundesrat Albert Rösti, der nach Jahren linker Politik, einen bürgerlichen Kurswechsel im Umweltdepartement eingeläutet hat.

Der SVP-Bundesrat, so Trede, nutze seine Macht «gnadenlos» aus, betreibe «Klientel- und Parteipolitik», «kratzt» und «schleift» an den Institutionen. Und man fragt sich beim Lesen: Ist die Schweiz mit Rösti auf dem Weg, eine Autokratie zu werden, zum Kirgistan der Alpen? Können die anderen Mitglieder der Landesregierung, zu der die Grünen auf absehbare Zeit nicht dazugehören werden, denn nichts dagegen unternehmen?

Als Kronzeugen für Tredes These müssen vor allem die Wölfe herhalten. Rösti habe Präventionsabschüsse des Raubtiers bewilligt, obwohl die Bevölkerung 2020 bei der Revision des Jagdgesetzes genau das nicht wollte. Die Grünen fordern jetzt (offenbar ernsthaft) eine Geschäftsprüfungskommission, die genau untersuchen soll, «was sich in Röstis Departement abspielt».

Bevor sich die Grünen an Röstis Fersen kleben, sollten sie sich unbedingt nochmals daran erinnern, wie das mit dem Wölfen und dem Präventionsabschuss tatsächlich ablief. Aufgrund der exponentiell wachsender Wolfspopulation und dem dadurch steigenden Konflikt mit den Menschen überall im Land sind die eidgenössischen Räte zum Schluss gekommen, die proaktive Wolfsregulierung zu erlauben.

Weder die Naturschutzverbände noch die linear schrumpfenden Grünen haben daraufhin das Referendum ergriffen. Weil sie keine Lust hatten? Oder weil sie wussten, dass sich die Situation seit dem Nein zum Jagdgesetz drastisch verschärft hat und sie die Abstimmung womöglich verloren hätten? Und: Machen die Grünen bei der Neuauflage der Konzernverantwortungsinitiative eigentlich auch mit - obwohl die Vorlage erst 2020 am Ständermehr scheiterte?

Rhetorische Zusatzfrage: War es nicht Franziska Ryser von den Grünen, die mit einer Motion nur ein Jahr nach dem Volks-Nein zur Flugticketabgabe (CO2-Gesetz) erneut eine Flugticketabgabe einführen wollte? Die Grünen lassen sich von Volksentscheiden nicht beirren, sie sind die Partei der Zwängerei. Das sieht Trede naturgemäss anders. «Wir schützen die Institutionen und Grundrechtsfragen wie sonst keine andere Partei», sagt die Fraktionschefin jener Partei, die über Jahre hinweg die kleinkriminellen, sehr gefährlichen und wirtschaftsschädlichen Klimakleber grossmütig geduldet hat.