Der Schweizer Historiker und Friedensforscher Daniele Ganser absolviert derzeit ein Spiessrutenlaufen. Er möchte gerne Vorträge halten, und das Publikum dazu hat er. Immer wieder lässt man ihn aber nicht.

In Innsbruck in Tirol wurde eine Veranstaltung auf Druck des Bürgermeisters im letzten Moment abgesagt. Ganser musste für 1000 Besucher eine neue Halle suchen.

Mehr Zeit für die Suche hat er in Dortmund, wo sein Vortrag Ende März geplant war. Dort wurde er bereits ausgeladen.

Die Aufzählung ist nicht abschliessend. Aber auch dort, wo er aktuell noch als Redner eingeplant ist, muss er bangen. Denn Widerstand gibt es quer durch Deutschland. Beispielsweise in Nürnberg. Der bayerische Antisemitismus-Beauftragte findet, trotz Meinungsfreiheit müssten «die demokratischen Räume verteidigt werden». Deshalb dürfe man den Mann nicht vor Publikum auftreten lassen.

Wieso diese «demokratischen Räume» gefährdet sind, wenn Ganser spricht, bleibt unklar. Auf seiner aktuellen Vortragsreise thematisiert er den Krieg in der Ukraine. Seine These, die er historisch aufschlüsselt: Schon vor zehn Jahren kündigte sich an, was nun geschieht. Es gebe neben Putin, den er klar kritisiert, noch viele Mitschuldige.

Ganser liefert Daten und Zitate zur Vorgeschichte des Kriegs. Sie reichen bis ins letzte Jahrtausend zurück. Viele der Fakten sind unbestritten. Die Kritiker tun sich aber schwer mit den Schlussfolgerungen, die er zieht.

Ob Daniele Ganser richtig liegt oder nicht: Darüber kann man diskutieren. Aber dass Historiker neuerdings nicht einmal über die behördlich verordnete Wahrheit hinaus nachdenken dürfen, ist neu.

Und noch viel beunruhigender ist, dass Bürgermeister entscheiden, was ihre Bürger hören dürfen und was nicht.