Er ist der Gottseibeiuns der deutschen Politik, und nächste Woche könnte er – Himmel hilf! – nach einem Zipfelchen Macht greifen: Björn Höcke.

Höchste Zeit für Mainstream-Medien, den sich gruselnden Lesern diese Ausgeburt der Hölle näher vorzustellen. Wie abgesprochen veröffentlichten Süddeutsche Zeitung, Spiegel und der Zürcher Tages-Anzeiger Porträts des AfD-Chefs von Thüringen.

Journalisten wissen, dass zur Essenz eines Porträts die persönliche Begegnung, das Gespräch mit dem Porträtierten gehört. Zu dumm nur, dass Höcke mit keiner der Zeitungen sprechen wollte.

Echt mies von ihm, nicht wahr? Nun ja, den Grund verschweigen die Blätter. Jahrelang suchten sie keinen Kontakt zu Höcke, sondern verteufelten ihn lieber aus der Distanz.

Der Tagi nähert sich ihm auf einer Wahlkampfveranstaltung an und redet mit Sympathisanten. Er lässt keinen Zweifel daran, dass er sie für Dumpfbacken hält, hat aber einen neuen Coiffeur-Trend entdeckt – einen «auffälligen Scheitel, wie ihn neue Rechte gerne tragen». Adieu Schnurrbart, hallo Haartolle.

Der Spiegel interviewt Ex-AfDler, die eine Rechnung mit Höcke offen haben und so nicht in den Ruch der Objektivität geraten. Sonst bleibt die Quellenlage vage. Immerhin schafft das Magazin einen Bezug zur Augsburger Puppenkiste: Höcke ähnele dem Scheinriesen Tur Tur aus Jim Knopf. Er schrumpft, je mehr man sich ihm nähert.

Erwartungsgemäss ganz gross steigt die SZ ein. Sage und schreibe sieben Autoren zeichnen für das Porträt verantwortlich. Plus zwei Zuarbeiter. Gemessen an diesem personellen Aufwand ist auch hier die Faktenlage reichlich dünn. Im Text wird viel geraunt, gemutmasst und gemunkelt: «Wegbegleiter» sagen, «Leute in der Partei» sagen, «Mitstreiter von damals haben den Eindruck», und vieles lässt sich einfach «erahnen».

Allerdings hat das geballte Rechercheteam des Münchner Blattes einen Leserbrief Höckes an die Lausitzer Rundschau aus dem Jahr 2003 ausgegraben. Und weil man bei der Süddeutschen Wert auf gute Schreibe legt, findet man auch gute Formulierungen: «Ein Geschichtslehrer, der Geschichte schreiben will» und «Man kann fragen, wer dieser Mann ist. Aber sehr aufschlussreich ist erst einmal, wer dieser Mann sein will.»

Die Süddeutsche bleibt die Antwort auf beide Fragen schuldig. Höcke sei natürlich kein «blauer Zwerg aus Erfurt», aber halt auch kein «blauer Riese». Womit wir wieder bei Herrn Tur Tur wären.

Aus Vorurteilen, Hörensagen und Gerüchten lässt sich kein tragfähiges Gewebe stricken. Bleibt nur eins: Abwarten, welcher Höcke sich nach der Wahl zu erkennen gibt – Zwerg oder Riese.