Der Kuss ging wie ein Attentat um den Globus: Der frühere spanische Fussballpräsident Luis Rubiales (46) liess sich im vergangenen August an der Frauen-Weltmeisterschaft im fernen Australien bei der Siegerinnenehrung zu einem herzhaften Kuss auf den Mund seiner erfolgreichen Spielerin Jennifer Hermoso (33) hinreissen. Das Fernsehen machte Millionen Menschen zu Zeugen.

Seither ist die Fussballwelt eine andere: Rubiales wurde aus dem Amt gejagt und lebt zurzeit in der Dominikanischen Republik im Exil, während Jennifer Hermoso zur Heldin der neuen woken Welt hochgefeiert und die wohl bekannteste Fussballerin unserer Tage wurde.

Die Fifa-Ethiker, ganz unbarmherzig, bestraften den spanischen Verbandskollegen mit einem Bann, wie sie zuvor auch schon die berühmten Spitzenfunktionäre Sepp Blatter und Michel Platini sanktioniert und deren Karrieren abrupt beendet hatten – diese beiden allerdings nicht wegen freudiger Kussattacken.

Der Kuss des Rubiales erhielt etwa gleich viel Publizität wie die erste Landung auf dem Mond. Die Welle der Empörung war riesig, der spontane Schmatz wurde zum Weltmassstab für die neue maskuline Übergriffigkeit. Daran will nun auch die spanische Justiz teilhaben: die Staatsanwaltschaft fordert zweieinhalb Jahre Haft, aufgeteilt in Strafanteile wegen sexueller Aggression und Nötigung. Dazu soll die Spielerin vom überschwänglichen Ex-Präsidenten für den unsittlichen Überraschungsangriff 50.000 Euro Schmerzensgeld erhalten.

Dreissig Monate Knast nicht etwa für einen halben Totschlag oder schwere Körperverletzung, sondern für einen Kuss? Auch die Justiz ist völlig aus den Fugen geraten.