Am Montag beginnt in Bern die Frühlingssession. Gleich zu Beginn debattiert der Nationalrat über ein Geschäft, das Emotionen weckt und die Gemüter erhitzt.

Worum geht es?

Im Februar 2022 haben Volk und Stände die Volksinitiative «Kinder ohne Tabakwerbung» angenommen. Seither wird im Parlament über die Umsetzung des Anliegens gestritten.

Der Nationalrat möchte das Anliegen möglichst streng umsetzen. Der Ständerat hingegen plädiert für Ausnahmen.

So soll der Verkauf von Tabakprodukten und elektronischen Zigaretten durch mobiles Verkaufspersonal an öffentlich zugänglichen Orten, die von Minderjährigen besucht werden können, nicht verboten werden.

Zudem soll Tabakwerbung an öffentlich zugänglichen Orten und das Sponsoring von Veranstaltungen erlaubt bleiben – sofern die Werbung vor Ort für Minderjährige weder zugänglich noch sichtbar ist.

Da das Stöckli auf diesen Sonderfällen beharrt, wird sich die grosse Kammer am Montag erneut mit dem Geschäft befassen.

Im Hintergrund geht die Anti-Tabak-Lobby in die Offensive. Dies zeigt ein Mailverkehr zwischen dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) und diversen Antiraucher-Non-Profit-Organisationen wie der «Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention Schweiz (AT)», der der Weltwoche vorliegt.

Die Beamten des BAG und die Dachorganisation zur Förderung des Nichtrauchens arbeiten Hand und Hand und informieren sich über jeden Schritt.

Die Mail zeigen, dass die Positionen der Verwaltung und den Exponenten der Tabakprävention deckungsgleich sind. Dabei wird genau darauf geachtet, dass die gleichen Begrifflichkeiten und Formulierung verwendet werden.

Das BAG geht so weit, dass sie die AT anfragen, ob sie mit der vorgeschlagenen Formulierung einverstanden sind.

Dabei ist verständlich, dass die Parlamentarier auch die Interessen der Tabakindustrie in ihre Überlegungen einbeziehen. Die Schweiz ist ein wichtiger Standort für die Tabakindustrie. Alle grossen internationalen Konzerne – Philip Morris, British American Tobacco und Japan Tobacco International – haben hier ihren Hauptsitz für Forschung, Verwaltung und Produktion. Diese Konzerne beschäftigen direkt und indirekt über 10'000 Personen.

Zigaretten spielen auch bei der Finanzierung der Altersvorsorge eine wichtige Rolle. 2020 flossen 2,1 Milliarden Franken aus der Tabaksteuer in die AHV.

Aber es steht noch mehr auf dem Spiel: Sollte, solange Zigaretten legal erhältlich sind, in einem liberalen Staat wie der Schweiz nicht auch ein Stück Eigenverantwortung gelten?

Das Letzte, was die Bevölkerung braucht, ist eine Verwaltung, die zusammen mit Lobbyisten versucht, sie zu bevormunden und die Politik vor sich hertreibt.

Es ist zu hoffen, dass das Parlament diesem Treiben einen Riegel schiebt und sich nicht beeinflussen lässt.