Wie jetzt: Sind in Deutschland doch nicht alle Nazis? Dass sich jemand die Mühe macht, im hyperventilierenden «alle gegen rechts»-Deutschland darauf hinzuweisen, dass es womöglich – irrer Verdacht! – auch noch Leute gibt, die die AfD unterstützen, weil sie schlicht die Nase vom selbstreferenziellen Politikbetrieb in Berlin voll haben, ist inzwischen so aussergewöhnlich selten geworden, dass man fast schon erschrocken zusammenzuckt.
Jüngst geschehen bei «Markus Lanz» (ZDF), wo der Bestseller-Autor Harald Jähner (70), der gerade über den Nationalsozialismus immer wieder geschrieben hat, vor der zweckdienlichen Renazifizierung im Dienste der Tagespolitik warnte: «Man verharmlost im Grunde die Verbrechen von damals, wenn man sie allzu rasch vergleicht mit dem, was die AfD jetzt fordert.»
Eine kluge und wohltuende Stimme in einer Zeit, in der etwa der CDU-Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Hendrik Wüst, unter dem Druck stabiler oder gar steigender Umfragewerte der AfD von selbiger als «Nazi-Partei» spricht, weil sie Nazis in ihren Reihen habe. Eine Argumentation, die man über weite Strecken der Nachkriegszeit übrigens auch auf die Union hätte anwenden können, wenn man sich die Zahl der Ex-NSDAP-Mitglieder in ihren Reihen damals ansieht.
Eine braunstichige Dämonisierung, die im Übrigen bislang zumindest keinerlei Einfluss auf die Umfragewerte der AfD erkennen lässt. Und so reibt man sich fast schon verdutzt die Augen (oder besser: Ohren?), wenn man Jähner sagen hört: «Wenn die Menschen Angst haben vor einer ungeregelten Migration, vor einer anderen Religion, vor Leuten mit einem islamistischen Hintergrund, das sind Vorbehalte, die man in gewisser Weise rational nachvollziehen kann. Diese Leute immer pauschal als Nazis zu bezeichnen, dämonisiert sie. Man drängt die Leute nach rechts».
Dass Offensichtliche und im Grunde für jeden Erkennbare auszusprechen, lässt im deutschen Politikbetrieb dieser Tage schon aufmerken. Und Jähner hat natürlich recht, wenn er darauf hinweist, dass alle AfD-Chefs vom Volkswirtschaftsprofessor Bernd Lucke über Frauke Petry bis Jörg Meuthen zu ihrer aktiven Zeit als «Nazis» bezeichnet wurden und heute gewissermassen als ehrenwerte Zeugen der Radikalisierung nach ihnen gern in Talkshows eingeladen werden.
Die Wahrheit ist, dass ausgerechnet jene, die unermüdlich vor «fruchtbaren Schössen» (Bertold Brecht) warnen und Anfängen, denen man wehren müsse, den Begriff «Nazi» zu einer mit Schulterzucken zur Kenntnis genommenen Weichwährung gemacht haben, die so inflationär gehandelt wird wie die Millionen-Reichsmark-Scheine der zwanziger Jahre. Eine Geschichte, aus der sich lernen lässt. Wenn man denn will.
Ralf Schuler ist Politikchef des Nachrichtenportals NIUS und betreibt den Interview-Kanal «Schuler! Fragen, was ist». Sein Buch «Generation Gleichschritt. Wie das Mitlaufen zum Volkssport wurde» ist bei Fontis (Basel) erschienen. Sein neues Buch «Der Siegeszug der Populisten. Warum die etablierten Parteien die Bürger verloren haben. Analyse eines Demokratieversagens» erscheint im Herbst und kann schon jetzt vorbestellt werden.
die sogenannten "Nazis" von heute sind für mich ja fast schon Helden und ragen aus der verdummten Masse der Lemminge heraus...
Das kommt raus, wenn Sozialisten an der Macht sind. Das war im letzten Jahrhundert genauso. Andersdenkende werden verfolgt, so war es damals auch. Sozialismus ist immer böse, egal ob Nationalsozialisten wie damals, oder heutige "weltoffene" EU Sozialisten.
Warum wohl wird die rechte Keule so massiv eingesetzt? Vielleicht um hiervon abzulenken? https://dserver.bundestag.de/btd/20/048/2004896.pdf