Man hatte ihn fast schon ein wenig vergessen, alt Bundesrat Kaspar Villiger, den früheren Verteidigungs- und Finanzminister der Eidgenossenschaft. Nun hat er sich zurückgemeldet – und wie.

Villiger gab anlässlich eines Auftrittes vor der Allianz Sicherheit Schweiz – einem Zusammenschluss sicherheitspolitischer Verbände – zu bedenken, dass die Neutralität unser Land nicht vor Angriffen schützt.

Der frühere Bundesrat warnte dabei vor einer militärischen Niederlage der Ukraine. Wenn die Russische Föderation den Krieg gewinne, würde dies «Putins Hunger nach noch mehr beflügeln», so Villiger. Auch die Schweiz müsse direkte Attacken Russland befürchten, auf Infrastrukturen wie die europäische Stromdrehscheibe in Laufenburg oder auf ein Zentrum des Finanzdienstleisters Swift im Kanton Thurgau.

Nein, die Neutralität schützt die Schweiz nicht vor Angriffen. Das tat sie nie – trotzdem hat unser Land zwei Weltkriege unbeschadet überstanden, auch dank der Neutralität.

Alt Bundesrat Villiger geht es wohl in erster Linie darum, den aktuellen FDP-Parteichef Thierry Burkart etwas zu unterstützen. Burkart ist Präsident der Allianz Sicherheit Schweiz und ein vehementer Verfechter für eine engere Anbindung an die Nato.

Er hat sich dafür ausgesprochen, dass die Bodentruppen mit Nato-Verbänden trainieren sollen. Das wäre gewissermassen die Vorstufe zum Beitritt und das Ende der Schweizer Neutralität. Das will die Bevölkerung nicht, wie Umfragen zeigen.

Jetzt versuchen es die Freisinnigen mit Angstmacherei, indem ein Alt-Bundesrat das Schreckgespenst bemüht, dass Russland Einrichtungen, die für ganz Europa von Bedeutung sind, lahmlegen könnte, ohne dass es ein Bündnisfall wäre. Dies, weil die Schweiz eben nicht Nato-Mitglied ist. Ein Bündnisfall liegt dann vor, wenn ein Nato-Mitgliedstaat angegriffen wird, was als Angriff auf alle Nato-Länder gewertet wird. Die Allianz müsste in einem solchen Fall militärisch intervenieren.

Die Frage ist jedoch: Was will uns Villiger damit sagen? Dass wir der Nato beitreten sollen, damit diese Militärallianz nach eventuellen Attentaten auf die Stromdrehscheibe oder auf das Swift-Zentrum den Dritten Weltkrieg auslösen soll?

Wir werden damit leben müssen, dass auch unser Land vor Angriff nicht gefeit ist. Es sind ja nicht bloss die Russen, die solche Anschläge verüben können. Wer hat die Anschläge auf die Nord-Stream-Gasleitungen verübt? Das weiss man nicht so recht.

Eines ist indes klar: Wenn sich mögliche Attentäter nicht sicher waren, wo man lebensnotwendige Infrastrukturen in die Luft jagen kann, die den Westen insgesamt treffen, wissen sie es spätestens seit dem Aufritt von alt Bundesrat Kaspar Villiger.