Friedrich Merz hat die CDU in Deutschland zum Wahlsieg geführt und sich prompt als «Kanzler in Wartestellung» inszeniert. In seiner ersten Reaktion betonte er die Dringlichkeit politischer Reformen: «Die Welt wartet nicht auf uns.»

Doch während Merz Deutschland nach vorne bringen will, wirft ihm die New York Times mit einem Gastkommentar vor, rückwärtsgewandt zu agieren.

Der CDU-Chef stehe für Steuererleichterungen für Reiche, strenge Massnahmen gegen Migranten und Einschnitte im Sozialstaat – eine Rückkehr zur alten Wirtschaftsordnung, die auf billige Energie und Exporte setzte. Kritiker sehen darin ein unzeitgemässes Konzept angesichts der aktuellen Herausforderungen.

Als überzeugter Transatlantiker betont Merz seine Unterstützung für EU und Nato und warnt vor einer drohenden Allianz zwischen den USA und Russland. Gleichzeitig will er Deutschland unabhängiger von den Vereinigten Staaten machen – ein Kurs, der an Gerhard Schröders Distanzierung von Amerika in den frühen 2000er-Jahren erinnert.

Ob seine wirtschaftspolitischen Vorschläge – ähnlich Schröders «Agenda 2010» – ausreichen, um Deutschland zu modernisieren, bleibt laut der Zeitung fraglich. Denn Merz hält an der Schuldenbremse fest, lehnt höhere Steuern für grosse Vermögen ab und plant den Rückbau sozialer Reformen, etwa zur Geschlechteridentität und Cannabis-Legalisierung.

Die CDU zog mit dem Slogan «Wieder vorwärts» in den Wahlkampf. Die New York Times konstatiert, mit Friedrich Merz scheine der Weg vor allem in die Vergangenheit zu führen.