Es ist eine Meldung, die sprachlos macht. Nach 23 Jahren soll eine Rentnerin aus ihrer Verfügungswohnung ausziehen. Erfahren hat das die Frau ausgerechnet an ihrem 77. Geburtstag, als plötzlich zwei Mitarbeiterinnen der Stadt Würzburg vor ihrer Tür standen.

Krystyna Thiele erklärt gegenüber der Mainpost: «Sie haben mir gesagt, dass die Wohnung für mich allein zu gross ist und dass sie meine Wohnung für eine Flüchtlingsfamilie brauchen.» Auf die Frage, wo sie denn hin solle, erfährt die Frau, dass sie in eine «andere Wohnung oder eine WG» umgesetzt werde, und das schon zum Ende des Monats.

Zudem sei ihr mitgeteilt worden, dass sie «ihre Sachen packen und die Hälfte ihrer Einrichtung verkaufen oder wegwerfen» solle. Einen schriftliche Bescheid der Stadt bekommt die alte Frau, die auf knapp 44 Quadratmetern lebt, nicht.

Verfügungswohnungen gelten als Notunterkünfte der Stadt und sind eigentlich nicht für die dauerhafte Unterbringung von Menschen gedacht. Dennoch wurde Krystyna Thiele die halbjährliche Verlängerung über 23 Jahre immer wieder gewährt.

Die Frau, die nach einer Lebenskrise schwer ins Straucheln kam, wie sie selbst erklärt, lebt von gerade einmal 690,52 Euro Rente. Zu wenig, um davon eine Wohnung auf dem freien Wohnungsmarkt anzumieten. Die geringe «Nutzungsgebühr» der Verfügungswohnung von 253 Euro konnte sie «immer selbst» bezahlen. «Vielleicht habe ich mich zu sehr daran gewöhnt, vielleicht war ich zu blauäugig, um den Rausschmiss jetzt vorherzusehen.»

Grundsätzlich sei die Wohnung von Frau Thiele dazu geeignet, mehrere Personen oder eine Familie unterzubringen, heisst es. Da die Stadt Würzburg derzeit nicht mehr in der Lage sei, mehrköpfige Familien unterzubringen, sei die Unterkunft von Frau Thiele in Erwägung gezogen worden.

Die Rentnerin werde nun in einer «seniorengerechten WG» untergebracht, erklärt die Pressestelle der Stadt gegenüber der Mainpost. Hierzu hat die Frau allerdings noch kein Schreiben bekommen. Ihre neue Adresse kennt sie – vierzehn Tage vor dem Umzug – noch nicht. Lediglich sechs Umzugskartons hatten ihr Mitarbeiterinnen der Stadt am 16. November gebracht.

Wie war das noch mit «Niemandem wird etwas weggenommen»?