Es ist ein Kreuz mit der Demokratie!

Wenn eine (gefühlte) Mehrheit gegen rechts auf die Strasse geht, dann beeilt sich die Bundesregierung, fragwürdige «Demokratiefördergesetze» auf den Weg zu bringen oder Parteiverbote anzuleiern, was a priori nicht sehr demokratisch ist.

Wenn sich aber eine Mehrheit von immerhin 61 Prozent (sic!) der Bundesbürger gegen die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine ausspricht, dann wird Olaf Scholz, der diese Bürger vertritt, nicht etwa als besonnener Kanzler gefeiert, der Schaden vom deutschen Volke abwehrt.

Sondern man beeilt sich, Scholz als Zauderer dastehen zu lassen. Er würde «mit der Kriegsangst der Bürger spielen». Der Umkehrschluss («keine Angst haben») liesse vermuten, dass der Krieg inzwischen freudig erwartet werden kann, weil die Bevölkerung «kriegstüchtig» ist?

Es scheint, als würden Teile der CDU, der FDP und der Grünen den Krieg fast gar nicht mehr erwarten können.

Helmut Kohl, Hans-Dietrich Genscher und Grüne von Petra Kelly bis Antje Vollmer drehen sich sicher im Grabe um. «Stell dir vor, es ist Krieg, und keiner geht hin», hiess der Spruch der Grünen 1983. «Europa heisst: Nie wieder Krieg», war der von Helmut Kohl.

Es scheint egal, was die Mehrheit will, Demokratie hin oder her. Immer mehr erscheint dieser Krieg als beschlossene Sache. Jeder kann seinen Sog inzwischen spüren, dazu die mediale Lenkung von oben: «Kriegsangst» ist schlecht …

Nein: Diesmal schlafwandelt Europa nicht. Es weiss, was es tut!

Die Bürger hingegen erinnern sich an Kant: «Wenn (…) die Bestimmung der Staatsbürger dazu erfordert wird, um zu beschliessen, ob Krieg sein sollt oder nicht, so ist nichts natürlicher, als dass, da sie alle Drangsale des Krieges über sich selbst beschliessen müssen, die Kosten des Krieges aus ihrer Habe herzugeben; die Verwüstungen, die er hinter sich lässt, kümmerlich zu verbessern; zum Übermasse des Übels endlich noch eine den Frieden selbst verbittende, nie (wegen naher, immer neuer Kriege), sie sich sehr bedenken werden, ein so schlimmes Spiel anzufangen. (…)»