Die beiden führenden Militärs Russlands und der Ukraine führen Geheimgespräche über einen Waffenstillstand, der den Weg für eine langfristige Friedenslösung ebnen soll. Dies berichtet der amerikanische Enthüllungsjournalist Seymour Hersh unter Berufung auf Quellen, die mit den Verhandlungen vertraut sind. Demnach haben die Generalstabschefs beider Länder, der Russe Waleri Gerassimow und der Ukrainer Walerij Saluschnyj, erkannt, dass keine der beiden Seiten einen Sieg auf dem Schlachtfeld erringen kann – oder nur zu einem unannehmbar hohen Preis.

Wie Hersh berichtet, ist die Initiative für die Gespräche von den beiden Generälen ausgegangen. Politiker seien bislang nicht beteiligt, weder aus der Ukraine noch aus Russland oder westlichen Staaten. Allerdings habe Kremlchef Wladimir Putin den bislang ausgehandelten Rahmenbedingungen grundsätzlich zugestimmt. Er wolle eine nichtmilitärische Lösung.

Demnach dürfte Moskau die Kontrolle über die Krim sowie über die vier teilweise eroberten Oblaste Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja behalten. Dort sollten jedoch vorher Wahlen abgehalten werden. Sogar ein Datum gebe es bereits – den kommenden März. Im Gegenzug würde Russland einem Beitritt der Ukraine zur Nato zustimmen, allerdings unter Bedingungen. So dürfe das westliche Bündnis weder eigene Truppen noch Angriffswaffen auf dem Gebiet des neuen Mitglieds stationieren.

Natürlich gebe es eine Reihe «beängstigender» Details, von Reparationen bis zur Behandlung von Kriegsverbrechern. Ausserdem müsse geklärt werden, wie man den Deal verkaufe, ohne dass eine Seite ihr Gesicht verliere. Doch im Prinzip seien sich die beiden Militärs einig, dass der Preis einer Fortsetzung des Krieges zu hoch sei. Im Fall der Ukraine habe Saluschnyj sogar die Befürchtung geäussert, dass dies die Ukraine und die gesamte nächste Generation von Ukrainern zerstören könne.

Das grösste Hindernis für eine Einigung sei Wolodymyr Selenskyj, so Hersh. Der ukrainische Staatspräsident rückt nicht von seiner Maximalforderung ab, dass zuerst alle russischen Truppen das Land verlassen haben müssten, bevor er Verhandlungen zustimmt. Er habe sogar angekündigt, diese Forderung bei der anstehenden Neuwahl in den Mittelpunkt seines Programms zu stellen. Es sei jedoch nicht sicher, ob Selenskyj mit dieser Haltung dauerhaft Erfolg haben werde. Hersh zitierte eine amerikanische Quelle mit den Worten: «Wir können ihm seine Reise in die Karibik zahlen.»