Von Kopf bis Fuss in Rosa gekleidet, am Arm eine Regenbogenbinde: So trat Tim Kellner am Mittwoch vor dem Amtsgericht Detmold auf. Auch das als Akt der Satire inszeniert – mit Wokismus hat der wegen seiner Regierungskritik erfolgreiche Youtuber überhaupt nichts am Hut. Die Verhandlung fand statt, weil die SPD-Politikerinnen Nancy Faeser und Sawsan Chebli und die Grünen-Politikerinnen Annalena Baerbock und Emilia Fester wegen Beleidigung geklagt hatten.
Keine Frage, es ist nicht gerade charmant, Faeser als «aufgedunsene Dampfnudel» zu bezeichnen, wie Kellner es tat, oder Fester als «kleine verlogene Göre», aber auch bei den gebührenfinanzierten Sendern geht es verbal hart zur Sache. Jan Böhmermann, bekannt für seine wöchentlichen Pöbel-Orgien, betitelte etwa Alice Schwarzer als «Scheisshaufen» und Friedrich Merz als «Nazi». Der Unterschied: Während der ZDF-Mann unbehelligt davonkommt, wurde Kellner zu einer Geldstrafe in Höhe von 11.000 Euro verurteilt.
Beide verstehen sich als Satiriker. Das Messen mit zweierlei Mass führt zwangsläufig zu der Frage: Gelten Meinungs- und Kunstfreiheit nur noch für Staatspropagandisten des öffentlich-rechtlichen Fernsehens? Dass es keine guten Zeiten sind für die freie Rede in Deutschland, ist ein Befund, der hiermit leider erneut bestätigt wird.
Zudem zeigt sich, dass Links-Grüne mehrheitlich nur für ihre eigene Dünnhäutigkeit Verständnis haben. Während Attacken auf AfD-Politiker heruntergespielt werden, reichen sie selbst eine Klage nach der anderen ein. Bekräftigt durch den im April 2021 eingeführten Paragrafen 188, wonach sich strafbar macht, wer gegen Personen des politischen Lebens Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung richtet. Es drohen Geldbussen oder Freiheitsstrafen von drei Monaten bis zu fünf Jahren.
Angaben, was als Beleidigung zu definieren sei, gibt es nicht; es ist es also Auslegungssache und öffnet der Willkür Tür und Tor.
Permanent besonders gekränkt fühlen sich übrigens nicht nur die erwähnte Sawsan Chebli, sondern auch FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Nimmt man ihre Selbstangaben ernst, käme man auf etwa 4300 Anzeigen jährlich, die diese beiden mimosenhaften Damen wegen Beleidigung aufgeben.
Und das, obwohl die deutsche Justiz mehr als überlastet ist.
Verständnis für die eigene Dünnhäutigkeit oder Verständnis für die eigene Dümmlichkeit?
Scheidemann machte im November 1918 mit der Monarchie kurzen Prozess - das sich seine politischen Ur-Ur-Enkel nun 100 Jahre danach auf Privilegien und Rechtsgüter wie Deutungshoheit des Landesfürsten und Majestätsbeleidigung berufen weil mit anderen Mitteln der Souverän beizukommen ist, ist entlarvend. Ich empfehle daher dieser Entourage auf jedem Marktplatz in Deutschland einen Gessler-Hut auf eine Stange zu pflanzen den wir alle grüssen müssen. Wie das ausgegangen ist, weiß jeder Eidgenosse..
Aufgedunsene Dampfnudel und kleine verlogene Göre sind primitive Schimpfwörter eines primitiven Menschen. Sie haben nichts mit Satire zu tun, so wie Böhmermann sie nutzt. Man darf Politikerinnen und Politiker in all ihren Aussagen und Handlungen angreifen. Man darf sie verspotten und alles übertreiben. Doch einfach nur beschimpfen, ohne Verbindung zu einer Handlung oder Aussage, muss gerichtlich unterbunden werden.